Noch ganz frisch...Witwe mit 38

  • Deine Worte mein Schatz zu deinem Leben: (aus unserem Fernseh-Auftritt)


    " Ich hab am Bau gearbeitet, Meine Mutti 2005 gestorben. (Damals warst du 46). Ich hab die Wohnung geerbt. 2007 ist jemand an mich herangetreten und gesagt, ich soll eine Firma gründen. Er hat mich nach Wien gelockt, gesagt, er hat Aufträge. Keine bekommen, natürlich. In meiner Firma hinterrucks Leute angemeldet. Und ich habe nichts gewusst, ich war ja Bauarbeiter, ich habe mit dem Geschäft nix zu tun gehabt. Natürlich was kommen musste, ich hab müssen Konkurs anmelden. Alle haben mich verlassen, es ist soweit gekommen, dass meine Wohnung versteigert worden ist. Beziehung hatte ich da nicht. Bin arbeitslos geworden, bin dann immer abgestürzt. Alles verloren. Keine Zahlungen leisten können.


    Hat ein Freund gesagt, ich soll nach Ungarn gehen. Bin nach Ungarn gegangen, hab mir dort eine wohnung genommen von einen Freund. Das hat auch nicht geklappt, dann war ich mit einem Schlag am Boden. Fix und Fertig. Ich hab nur das gehabt, was ich am Leib getragen habe. Es hat mich keiner aufgefangen, aufgenommen, nicht mal die Schwester. Es hat mich keiner reingenommen. Ich habe geglaubt ich habe Freunde, aber ich hatte keine. Es haben sich alle abgewendet. Hab bei Roma Familien übernachtet. Hab in Pferdetransporter geschlafen. Hab auf der Straße geschlafen.


    Bin dann zurück nach Frauenkirchen, meine Heimat. Ich bin 8 Tage in meiner Heimat auf dem Buspark geschlafen. Auf der GEmeinde war ich vorstellig, beim Bürgermeister, im Sozialamt, es hat keiner gekümmert.


    Ich wollte schon Selbstmord machen, ich hab mich vors Auto geworfen. Leider - oder jetzt Gott sei Dank - konnte der Mann bremsen. Ich war fix und fertig, bin auf die Polizei gegangen, hab gesagt er soll mich einliefern, ich bring mich um. Er hat mich weggeschickt. Wieder eine Nacht im Freien. Bin wieder zur Polizei, er soll mich einliefern ich bin fix und fertig, ich kann nicht mehr, ich mache Selbstmord. Dann hat mich ein Polizist den Tip von der Gruft in wien gegeben. Er gab mir auch 15€ aus eigener Tasche, hat mich zum Bahnhof geführt in den Zug gesetzt. Dann war ich in der Gruft, ein Sozialarbeiter hat mir ein Bett zugeteilt, aber dort waren alle drogen, Alkoholiker.


    Bis ein Freund meinte, er hat in Schützen was. Ich war dann dort, ein alter Mann. Im Winter, kalte wohnung, ohne Heizung. Dann hab ich eine Zeitung in die Hand bekommen, da hab ich was gelesen von der Pannonischen Tafel, da hab ich angerufen. der Besitzer hat mich dann abgeholt, in die Notschlafstelle gebracht. Er hat mir erklärt, dass sie einen Raum haben, wo alle hingehen können, günstigst einkaufen können, mitarbeiten, kochen können. Dort habe ich ausgeholfen.


    Ja, und dort hab ich dann auch meine freundin kennengelernt. Und bin natürlich sehr glücklich jetzt dann. Ich hab sie das erste Mal ja nicht gesehen, sondern nur gehört. Sie war so versteckt in dem SEcond Hand Shop. Ich hab mir gedacht, wer ist das, dieses verrückte Huhn. Naja, bin dann hin, geplaudert, bischen Anfänglichkeiten gemacht. Wegen dem Altersunterschied und meinem Leben. Sie hat sich nicht so getraut, ich hab mich nicht so getraut. Dann hab ich mir gedacht, ich geb ihr mal ein Bussi...."



    Dabei hattest du vom ersten Augenblick an mein Herz!!!

  • Mein lieber Schatz <3


    natürlich lief mein Gedankenkarussell gestern auf Hochtouren. Immer wieder kehrte ich zu dem Tag zurück, der meinem Gefühl nach alles verschlimmert, beschleunigt, verändert hat: der 11. Juni 2022, Samstag.


    An dem Tag standst du mit Husten und Schnupfen auf. Coronatest negativ. An dem Tag machten wir unserer beiden Geburtstage-Tagesausflug. in die Salzgrotte und zu den Alpakas, besser Essen gehen usw. Da du erkältet warst, und ich dachte, Salzgrotte gleich kühl, feucht, wollte ich das alles absagen. Und stattdessen mit dir zu Hause bleiben, Essen liefern lassen bzw. in der Nähe zumindest Essen gehen. Doch du meintest nur "Es geht schon. Die Salzgrotte soll ja gut sein für die Lunge". OK


    Sonntag darauf hast du gekränkelt, wir verbrachten den meisten Tag gemütlich auf der Couch. Du sagtest zu mir "Wenn du morgen früh mit dem Hund gehst, bring mich doch vorher mit dem Auto zur Apotheke. Ich hole mir Hustensaft und Nasenspray. Dann warte ich auf dich bei deinen Eltern." OK, obwohl mir zum Arzt schauen lieber gewesen wäre...


    Montag: Wie gewünscht, obwohl es dir schlechter ging. Auch wollten wir zur Tante und dann weiter zum Einkaufszentrum, um unseren Papa ein Geburtstagsgeschenk zu besorgen. Bei der Tante war es dir kurz schwindelig. Du schobst das auf den Wechsel zwischen kühl und warm. Auch hier probierte ich es nochmal - nach Hause, zum Arzt. Deine Antwort: "Wenn du zum Arzt willst, dann fahr. Dann fahr ich mit dem Taxi einkaufen." Ok. Zum Einkaufszentrum, am Parkplatz ausgestiegen, ein paar Schritte gemacht, dir wieder schwindelig. Du zu mir "Fahren wir nach Hause, ich muss mich nieder legen." Ich machten den Mund auf, kam gerade dazu das "A" vom Arzt zu sagen - da war etwas in deinem Blick... OK. Nach Hause.


    Dienstag ging es dir noch schlechter. Ich versuchte es gar nicht mehr. Bis am Abend/Nacht, wo ich mich ins Bett legte, du noch ein wenig Fernsehen wolltest. Ich konnte nicht schlafen, ich lag wach im Bett und lauschte auf Geräusche, ich war auf dem Sprung. Bis du gegen 23 Uhr meinen Namen riefst. Ich sah dich schweißüberströmt, zitternd, eiskalt, leicht bläuliche Lippen, nach Luft schnappend - Notarzt. Ergebnis: Atemversagen inklusive Herz- und Lungenbeteiligung.


    Damit fing alles an.


    Wenn wir (und damit meine ich auch, WIR) gleich gehandelt hätten, wäre alles gut geworden? Diese Frage wird mich bis zu meinem Lebensende verfolgen


    Gleichzeitig wurde mir gestern auch bewusst, warum du dich so gegen Arzt gesträubt hast. Feber oder März 2016 - da hatten wir noch kein Auto - ging es dir auch plötzlich schlecht. Du hattest über 40 Grad Fieber. Mit COPD3. Wo, wie ich jetzt im Nachhinein weiß, sogar schon ein Schnupfen gefährlich werden kann. Wir also ins KH, nach diversen Untersuchungen und über 5 Stunden warten, gaben dir die Ärzte Medikamente und schickten dich heim. Mit den Worten "Es ist gerade kein Bett frei. Wenn es schlimmer wird sollen wir halt nochmal vorbeikommen".

  • Vor ziemlich genau 1 Jahr geschah das 2. Ereignis, DEJA VU, fast wie im Juni... Auch wieder paar Tage vorher eine Erkältung, auch wieder Hustensaft und Nasenspray. Doch da habe ich es gar nicht mehr versucht, dich zum Arzt zu bringen. Oder einen Arzt FÜR DICH ins Haus zu holen....


    Am 11.11- vor 1 Jahr fing das richtige Drama an - 5 Wochen Intensivstation, bis zu deinem Tod.


    Warum bin ich damals nicht bei dir geblieben?

    Warum bin ich gegangen?


    Weil du sagtest, es geht schon!

    Weil du sagtest, ich soll gehen!



    Also ging ich, oder besser, fuhr ich mit dem Hund zur Tierklinik. Um 12:43 Uhr dein Anruf (da kam ich grad vom Billa raus, das Putenfleisch in aktion gekauft das du wolltest). Dein letzter Anruf. Deine letzten richtig gesprochenen Worte. Ein letztes Mal deine Stimme gehört....


    "Hasi, ich bin jetzt im Krankenhaus. Muss 3 Wochen bleiben. Ich hab mich schon so auf die Martini-Gans gefreut"


    Und weg warst du. Ich war wie vor dem Kopf gestoßen. Stammelte was von "das Essen holen wir nach" und "ich komme dich morgen besuchen, wenn ich das Ergebnis vom PCR hab". Das war´s. Mehr war nicht drinnen. Kein "Was ist los?, Wie geht es dir?" Und mein "Ich liebe dich" hast du wohl auch nicht mehr gehört, weil du mich da schon weggedrückt hattest.


    Am nächsten Tag - genau 24h später - ging ich nichts ahnend ins KH. Schock. Du, Intensivstation, künstlicher Tiefschlaf....

  • Liebe Manu,


    das tut mir sehr leid für Dich,was damals vor einem Jahr passiert ist und ich kann mir vorstellen,wie es Dir heute geht. Meine Liebste war ja am Schluss auch im Koma. Ich habe den Moment mitten in der Nacht miterlebt. Es war schrecklich.


    Ich wünsche Dir, daß Du heute zur Ruhe kommst. Du darfst Dir keine Vorwürfe machen. Es ist ja alles traurig genug.


    Ich sende Dir ganz viel Kraft für Deinen Tag. Dein Liebster ist immer bei Dir.


    Liebe Grüße

    Matthias

  • Liebe Manu, wir quälen uns sicher alle mit solchen Gedanken, mal mehr, mal weniger, je nach Situation.

    Ich bin keine Buddhistin, habe aber ein interessantes Buch von einem Zen-Meister gelesen, wo es darum geht, wie man weiterleben kann, wenn ein geliebter Mensch stirbt.

    Dort steht, dass man sich selbst vergeben soll, man wusste es nicht besser in dieser Ausnahmesituation.

    Ferner kann man sich bei dem Verstorbenen entschuldigen, die Situation beschreiben und erklären, warum man es „ nicht besser „

    also anders konnte. Die Verstorbenen würden es verstehen und ihnen würde es ebenso helfen wie uns engen Hinterbliebenen.


    Ich habe es gemacht, nicht nur bei meinem Mann, auch bei meinen seit langem verstorbenen Eltern und meiner Schwester.

    Es war eine gewisse Erleichterung zu spüren.

    Man solle es laut aussprechen.

    Vielleicht kannst du damit etwas anfangen.

    Man greift ja nach jedem Strohhalm.

    Alles Gute für dich

    Elisabeth

  • Hey, ihr Lieben :24: danke für die aufmunternden und teilnehmenden Worte


    Für das erste kritische Ereignis im Juni habe ich mir für mich eine Entschuldigung zurechtgebogen. Obwohl ich mittlerweile das Ganze objektiv betrachtet damals wirklich alles in meiner Macht stehende getan habe: ich wollte mit ihm zum Arzt - er nicht, ich wollte einen Arzt in die Wohnung holen - er nicht, er wollte Nasenspray und Hustensaft - also habe ich ihm das gebracht. Ich habe alles getan, nur nicht meinen Mann gegen seinen Willen mit der Hundeleine zum Arzt geschleppt!


    Beim zweiten Mal im November hätte ich nichts tun können, weil gleiche Situation - Arzt, Hustensaft und Nasenspray, Sturheit. Aber ich hätte zumindest bei ihm bleiben können.

  • Der scheußlichste Countdown den es gibt...352 Tage... bald ist der erste Jahrestodestag


    Mein Leben - in Mangel an ein passendes Wort - besteht aus Funktionieren und Vegetieren. Man macht einfach all das, was man zum Überleben machen muss - arbeiten, um Geld zu verdienen, ist klar. Daneben einkaufen, kochen, essen, trinken, Körperpflege, den Haushalt - alles banale Sachen im Prinzip.


    Auch meine seit dem Tod meines Mannes begonnene Pechsträhne mit den kaputten oder sonstwas Sachen hält weiter an: z.B. seit ich das Auto habe wollte ich ein einziges Mal die Rückbank verschieben damit ich ein Kasterl für die Mama transportieren kann - bricht der Teil wo der Gurt befestigt ist - Reparatur an die 300 bis 400. Nein, danke. ich kanns von vorne eh noch verstellen

    z.B. Auto, Reifenwechsel, Service - 2 Wochen später geht die Tankanzeige nicht mehr

    könnte noch einiges aufzählen, aber gestern hat es sich wieder den Vogel abgeschossen: Ich wache total erkältet auf (kein Corona lt. Test). Trotzdem zu den Eltern essen - bevor ich meine Wohnung verließ alles ok. 3 Stunden später komme ich zurück. Zuerst Waschmaschine, dort wo der Weichspüler reinkommt, steht bis zum Übergehen Wasser. Den Teil rausgenommen, weggeleert, wieder rein, nebenbei die Hälfte ausgeschüttet sodass ich dann das Badezimmer noch aufwischen musste. Dann unter die Dusche. Danach in die Küche - es ist kälter. Schon wieder der Heizkörper. Dank dem Forum hier kann ich mir das mittlerweile selbst entlüften. Dann gehe ich aufs WC, ist der Klodeckel schon wieder zersprungen (habe ich erst im März einen neuen drauf, gute Qualität eigentlich). Tja, eigentlich wollte ich nach den Eltern gemütlich auf die Couch mich auskurieren. Kurz vor Mitternacht das nächste: geht die Glühbirne in der Küche ein.


    Auch wenn manches Kleinigkeiten sind, aber dass diese bei mir gefühlte einmal im Monat und dann gleich alles an einem Tag gehäuft auftreten, das kann doch nicht normal sein? Ja, ich flehe meinen Mann ständig an er soll mir Zeichen schicken. Aber dass das die gewünschten Zeichen sind? Nicht weil er mir schaden will, sondern er es einfach noch nicht anders kann, er selbst erst noch lernen muss?


    Aja, und ein Stück vom Zahn ist mir auch abgebrochen oder wie man dazu sagt. Hätte ich heute den Termin gehabt, wo man ja eh so gerne zum Zahnarzt geht. Tja, den konnte ich nun auch verschieben

  • Liebe Manu,

    Oh Msnn, das besucht kein Mensch. Es fühlt sich an, als hätte msn sich gegen Dich verschworen. Ich hatte heute auch einen richtigen Pleiten, Pech und Pannentag, das nervt. Aber weißt Du was, morgen ist ein neuer und hoffentlich besserer Tag. Weil eigentlich haben wir doch schon viel Schlimmeres erlebt. Das age ich mir immer so und dann merke ich, wie der Ärger flöten geht….

    Lg Herzschmerz

  • Hallo,das kenne ich auch ,seit Jason tot ist passiert nur noch Mist ,am am Anfang dachte ich ,das ich mir das einbilde ,aber es ist die Realität,nichts aber wirklich gar nicht funktioniert mehr ,das demotiviert richtig und man fühlt sich noch beschissener und wütender,als so schon,ich rechne auch immer nur noch mit dem schlimmsten/schlechtesten weil es sowieso so kommt....nicht eine einzige positive Erfahrung konnte ich machen seit Jason gestorben ist.