Auf der Suche nach neuer Kraft

  • Liebe Blaumeise,

    Danke für deinen offenen Zeilen. Ich wünsch dir ganz viel Kraft für die nächsten Schritte und Entscheidungen.

    Ich sage immer, wo noch Hoffnung ist, ist auch noch Leben. Und du schreibst ja von den kleinen Fünkchen... <3


    Alles Liebe ,

    Isabel

  • --------------------------Gebet---------------------------


    Am Ende

    dieses langen Tages

    lege ich ab

    Bücher

    Briefe

    Akten

    Schlüssel

    Schuhe

    Kleider

    und die Uhr.


    Am Ende des langen Tages

    lege ich auf dich

    Ängste

    Sorgen

    Mühen

    Lust

    Trauer

    Sehnsucht

    und meine Schuld


    Am Ende des langen Tages

    lege ich mich

    ganz und gar

    still und geborgen

    mein guter Gott

    in deinen Schutz und Frieden

    (Verfasser Johannes Hansen)


    Ich bin keine Kichgängerin und ob es "Gott" gibt, weiß ich nicht so recht.

    Jedenfalls glaube ich an "etwas", das größer ist als ich.


    Mich tröstet diese Nachtgebet.

  • Geht es dir gut,

    werde ich gefragt im Vorübergehen.

    Doch gut, sage ich und zeige das passende Gesicht:

    mein gutgehendes Gesicht.

    Mein anderes Gesicht

    verberge ich liebevoll unter meiner Kleidung

    Zuhause ziehe ich mich aus

    Dann darf ich Trauer tragen.

    Renate Salzbrenner

  • Ich hatte eine Woche Urlaub. Jetzt hat mich doch tatsächlich ein Kollege gefragt: Und, alles klar, hast du die Woche geniesen können?

    Und ich sagte Nein.

    Er meinte: nein, Warum das denn nicht? Bist du nicht weggefahren?

    Ich sagte: Hallo, mein Mann ist verstorben, wie, denkst Du, kann es mir da gut gehen und was um gottes willen hätte ich geniesen sollen?:4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4::4:

  • Liebe Verbuendete,


    ich hau mit drauf :4::4:


    Wie gedankenlos!!!


    Wie heißt es: "Herr, lass Hirn regnen"


    Hat er es denn nach deiner Antwort wenigstens kapiert?


    Schieb s weg... Verbuch es unter Geschwätz, dummes Gelaber...

    9

    Manche Menschen sagen einfach manchmal nur was, um was zu sagen...


    Sie meinen es nicht mal bös...


    in IHREM Leben hat sich ja NICHTS geändert.....


    wieder mal so ein Spruch, den die Welt nicht braucht


    Alles Liebe

    blaumeise :24:

  • Liebe Verbuendete,


    ich haue auch mit :4::4::4::4::4::4::4::4::4::4:


    was hat der Kollege denn auf Deine Antwort gesagt, oder hat es ihm hoffentlich die Sprache verschlagen?

    in IHREM Leben hat sich ja NICHTS geändert.....


    wieder mal so ein Spruch, den die Welt nicht braucht

    der Spruch ist aber sowas von wahr. Nur entschuldigt er leider nicht alles.


    Liebe Grüße

    Lilifee

  • Hallo ihr Lieben da draußen,


    heute mal wieder ein Piep von mir.


    Leider kann ich nichts "Gutes" berichten.


    Mir geht es krankheitsbedingt immer schlechter.


    Zudem kamen neue Probleme auf mich zu, die ich ganz alleine stemmen und irgendwie lösen muss.

    Sie haben allerdings nichts mit meiner Erkrankung zu tun.


    Derzeit weiß ich überhaupt nicht, wo mir der Kopf steht, denn die neuen Schwierigkeiten sind auch existenziell.


    Ich grüble und grüble und finde keine gangbare, erträgliche Lösung.....


    Am liebsten würde ich alles hinter mir lassen...


    aber das geht nicht,


    denn ich kann meine Kinder nicht alleine zurück lassen


    und als Suizidhinterbliebene weiß ich zu genau, was dieser (mein) Ausweg für sie bedeuten würde.!!!


    Diese Traumatisierung will ich ihnen nicht aufbürden.!!!


    Diese Schuld will ich nicht tragen.


    Zum Glück kann ich diesbezüglich noch klar denken.


    Im Grunde will ich ja auch nicht tot sein, sondern nur in einer anderen, besseren Situation... einer Situation ohne diese massiven Probleme


    Ausserdem würde ich die Kinder dann mit den neuen Problemen, die ja auch sie betreffen, alleine lassen.

    Sie müssten dann Lösungen finden, alles alleine tragen und meistern...


    Ich glaube, ich werde wieder mal bei der Telefonseelsorge anrufen. Dort hatte ich damals als ich suizidal war viel Hilfe erfahren...!


    Das weitere das mich derzeit quält, ist der Todestag von Klaus, der sich nun bald zum 2.x jährt und die Gedanken an seine letzten schlimmen Monate davor.


    Ab Herbst lag Klaus nur bei mir im Wohnzimmer, konnte nicht mehr aufstehen und ich musste hilflos zusehen, wie er immer mehr leiden musste...


    Mir blieb nur, liebevoll für ihn Da zu sein und ihn unterstützend zu begleiten.


    Ich habe mein Bestes versucht

    aber.. immer mehr fallen mir derzeit Situationen ein, in denen ich - wie fremdgesteuert - mich ihm gegenüber absolut nicht liebevoll verhielt.


    Klaus hatte zum Schluß Hirnmetastasen.


    Seine Persönlichkeit veränderte sich immer mehr. Er war nicht mehr der Klaus den ich kannte.


    Er war teilweise sehr aggressiv, nicht nur verbal sondern auch auch körperlich,

    fühlte sich phasenweise von mir bedroht, schrie dann laut Bösartigkeiten.


    U.a schrie er, wir (mein Sohn und ich) würden ihn foltern.

    Solche Phasen gab es nur nachts.

    Er war dann so laut, dass die Nachbarn in unserer Straße dies hörten, nicht schlafen konnten und sich dann bei mir beschwerten.


    Es war alles sehr schwierig.


    Ich wußte, dass Klaus nichts dazu konnte, dass die Krankheit ihn dazu trieb und trotzdem verlor ich einmal meine Nerven und warf mit einem Topflappen nach ihm und schrie ihn an.


    Das geschah wirklich nur ein einziges Mal - ganz ehrlich - aber dieser Moment verfolgt mich zur Zeit ständig.


    Ständig sehe ich mich da stehen und den

    Topflappen, wild wie eine Furie, auf ihn werfen.


    Sehe das in Endlosschleife.... Tagsüber und manchmal sogar im Traum.


    Alles was ich sonst für ihn getan habe zählt nicht,


    nur diese Bösartigkeit von mir....


    Ich kann das nicht entschuldigen.


    Ich sehe Klaus immer wieder... da sitzend... und mich erschrocken ansehend....


    Ich habe ihn zwar zeitnah in den Arm genommen, mich entschuldigt....

    aber...

    es war geschehen und ist nicht mehr rückgängig zu machen.


    Ich schäme mich so!!!! Mein Verhalten einem wehrlosen Klaus gegenüber... zu was wäre ich fähig gewesen, wenn er noch länger gelebt hätte. Hätte ich ihn dann irgendwann geschlagen????? Diese Vorstellung quält mich so.....


    Jetzt habe ich das zum erstenmal erzählt..


    Euch!


    Und jetzt kann ich sogar weinen. (Was ich selten kann, bin immer nur am Tränen runter schlucken...)


    Ach, ich vermisse Klaus so.


    Niemand in meinem Bekanntenkreis versteht das.!


    Mit niemanden kann/konnte ich über Klaus SPRECHEN bzw über meine Trauer.


    Man sprach/spricht mir einfach die Trauer um ihn ab.

    denn

    Klaus und ich lebten ja, wie ihr wisst, einige Jahre getrennt.


    Haben uns dann als Freunde (nicht als Paar) wiedergefunden.


    Waren Seelenpartner.


    Irgendwie waren wir dann tiefer verbunden als während unserer Ehe.


    Ich habe ihn in den letzten Monaten seines Lebens zu mir genommen und ihn gepflegt.


    Das hat damals niemand aus meinem "Freundeskreis" verstanden, denn Klaus hatte mich und die Kinder wegen einer anderen Frau (sie war damals schwanger von ihm und die Beziehung hielt nicht lange) verlassen und es ging mir lange Zeit sehr ,sehr schlecht.


    Doch wie gesagt, wir fanden irgendwann wieder zusammen und als ich ihn dann krankheitsbedingt aufnahm, warfen mir meine "Freunde" mangelndes Rückgrat (und das war noch das liebevollste") vor.


    Und als er dann starb, konnte niemand verstehen, dass ich trauere.


    Mir wurde tatsächlich gesagt, ich könne froh sein, ihn "endlich los" zu sein. :4:


    Sie behaupteten mein Gefühl für Klaus wäre keine Liebe sondern Abhängigkeit.

    Sie warfen mir vor, mein Helfersyndrom auszuleben und ähnliches.


    Sie verstehen nicht, dass Klaus und ich uns ausgesprochen hatten., dass nichts mehr zwischen uns stand.


    Sie verstehen nicht, dass man, trotz Vorgeschichte, lieben kann


    und wie hart der Verlust von Klaus für mich und die Kinder ist.


    Es waren 28 Jahre die uns verbanden!


    Ich habe Klaus 2x verloren.


    Einmal durch Scheidung (die Gefühle Schmerzen sehr, ähnlich wie bei Tod)

    und dann vor nahezu 2 Jahren endgültig durch diesen Scheißkrebs.


    Ja und das ist ein anderer Punkt, der mich momentan so quält.

    Meine eigene Krebserkrankung und die letzte Phase seines Leidens., die ich hautnah miterlebt, miterleidet habe.


    Das macht mir Angst.


    Werde ich genauso meine Persönlichkeit zum Negativen hin verändern???? Werde ich auch aggressiv werden?

    Müssen die Kinder unter mir leiden????Undsoweiter undsofort....Das bereitet mir große Sorgen.


    Ich habe mich ja schon sehr zum Nachteil verändert... finde ich...


    Ich habe Angst. Große Angst.


    Ich habs jetzt kaum ausgehalten. Musste mir das einfach von der Seele schreiben.


    Wahrscheinlich werde ich es später bereuen , aber im Augenblick tut es mir gut.


    Zu all dem kommen die neuesten Probleme, die ich anfangs ansprach.


    Verzeiht bitte, dass ich euch derzeit so wenig geben kann, und dass ich, wenn ich zur Zeit mal schreibe, nur noch rumjammere.


    Verzeiht bitte, dass ich euch kaum in euren Wohnzimmern besuche und kaum mehr mitlese. lese.

    Ich bin zur Zeit leider nicht auf dem laufenden, aber ich denke oft an euch.


    Wir haben meine Schmerzmittel verändert und ich habe ein neues Opiat.


    Es geht mir dadurch von den Schmerzen her etwas besser, und ich werde hier daher wahrscheinlich wieder mehr lesen und evtl schreiben.


    Vielleicht kommt die Hoffnung und das Vertrauen wieder mal zu Besuch zu mir.


    Das Vertrauen ins Leben und das Vertrauen darauf, dass es für alles eine gangbare Lösung gibt.


    Ich wünsche allen eine halbwegs erträgliche Adventszeit und viel Kraft und Mut.


    Danke, dass ihr bis hierher gelesen habt.

    Ich bin froh, daß Forum bzw euch gefunden zu haben. Ihr alle seid irgendwie ein Stückchen Heimat für mich geworden



    blaumeise

    :24:

  • Liebe Blaumeise,

    Das geschah wirklich nur ein einziges Mal - ganz ehrlich - aber dieser Moment verfolgt mich zur Zeit ständig.

    ich glaube dir.

    Es ist so unfair und gemein, wie schwer so ein einziges Mal wiegen kann und wie sehr es all das Andere, all das Gute überdeckt. Bei mir ist das auch so, in meinem Kopf schwirren so viele einzelne Sätze, Momente, Konflikte herum und verdrängen alles, was gut war (- und da gab es noch nicht mal die komplexe und für alle belastende Pflegesituation wie bei euch.)


    Blaumeise, ohne euch zu kennen und nur anhand deiner Zeilen, die so aufrichtig liebevoll und zärtlich sind, kommt mir folgendes in den Sinn:

    Klaus und du, ihr habt es schon einmal geschafft! Ihr hattet euch schon einmal verloren und so wie das klingt, waren die Umstände damals alles andere als einfach und unkompliziert.

    Aber ihr konntet das überwinden, die Liebe, Freundschaft und Versöhnlichkeit eurer Herzen war viel größer als alles, was war. Du siehst selbst: nicht einmal Freunde verstehen das, ihr Verstand und leider auch ihre Herzen sind viel zu begrenzt und hart dafür. Eure hingegen nicht. Ich glaube, weil das für euch schon einmal möglich war, ist da ein ganz großes Verständnis und eine wunderschöne Zugewandheit zwischen euch. Das macht diesen Moment, der dich so quält, nicht ungeschehen und nicht kleiner, aber ich glaube zwischen großen Liebenden und Freunden wie Klaus und dir, ist so ein Moment trotzdem ganz anders, als zwischen Menschen mit unversöhnlichen, unfriedlichen Herzen.


    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es nicht oder kaum hilft, wenn andere schreiben, dass man nichts falsch gemacht hat und der andere bestimmt versteht und verzeiht. Man wird trotzdem von den eigenen Dämonen verfolgt, denn der Topflappen-Moment war - auch wenn zutiefst menschlich und nachvollziehbar - für dich, für euch einfach falsch. Die erbarmungslose Trauer macht ihn riesengroß, viel größer als er vermutlich war, und versucht eure Beziehung auf diese Sekunde zu reduzieren. Das ist so gemein und falsch und ich wünsche dir, dass sie irgendwann damit aufhört.


    Die Aussagen deiner Freunde machen mich sprachlos und lassen mich einmal mehr an den Menschen zweifeln.

    Ich bin froh, dass es welche wie dich gibt, liebe Blaumeise!


    Alles Gute und liebe Grüße,

    Sturm

  • Liebe Blaumeise,

    Du bist ein Mensch, der mit dem Herzen entscheidet. Davon gibt es nicht wirklich viele. Ja, und manchmal entscheiden für uns auch Frust und Wut, aber wir sind doch nur Menschen. Du hast nichts nachhaltig Böses getan. Dein großzügig Verschenken von Verzeihen, Deine aufopfernde Hilfe und Liebe, das ist es was Dich so beeindruckend macht. Ich verstehe Deine Angst und die Sorge um Deine Kinder und nehme Dich sanft in den Arm. Ich hoffe für Dich, dass es besser wird. Nein, liebe Blaumeise das Böse kann soviel Güte nicht überschatten.

    Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du etwas Frieden findest.

    Alles Gute und Liebe

    Sommermond

  • Liebe Blaumeise,

    Es tut mir Leid, das es dir so schlecht geht, aber selbst in deinen großen, Schmerz, finde ich mich wieder und kann dich sehr gut verstehen.

    Ich war auch einnmal, ....wirklich nur einmal...erschreckend bösartig, zu meiner Liebe, entschuldigte mich sofort, ...aber wie du sagst, es war schon gesprochen...er weinte bitterlich, und starrte mich mit großen Augen unfassbar an...und auch mir ist das in Erinnerung , ...das sind die Alpträume, die ich habe...

    Ich schreib dir das, um dir zu sagen, ...ich weiß, das ich damals überfordert war, und müde, und so erschöpft...aber trotzdem, hätte ich soetwas nicht zu ihm sagen dürfen, ich kann es mir auch nicht verzeihen...

    Darum möcht ich dich damit nicht beruhigen, weil es dich nicht beruhigen wird...

    Beruhigend ist für mich der Gedanke, das er jetzt , wenn es denn ein jetzt gibt, dort wo er ist, alles weiß....alles versteht...auch seine, meine, unsere Fehler...

    Deine Krankheit, zu tragen, alleine...sehr tapfer, und stark bist du...auch etwas wovor ich mich fürchte...

    Eine wesensveränderung, vielleicht zu haben, dann wenn wir mal gehen müssen....ja wer weiß...

    Aber dann ist unser Heimweg nicht mehr weit entfernt.

    Existenzängste, kenn ich...ich habe noch nicht durch , die verlassenschaft, und wir werden sehen, was da noch alles kommt, aber ich kann es ja nicht ändern, und auch wenn mein Herz an dem allem hängt, und ein Stück größer mein Sprung darin werden wird..


    Und ja eines noch...du liebst, und hast verziehen, wer nimmt sich das recht, dich beurteilen zu wollen...


    Du gibst so viel, so oft, von deiner Weisheit, und deinem Herz, an uns weiter,...jetzt brauchst du Ruhe, und uns...und ich hoffe, ein klein wenig , können wir dich halten...


    So recht lang geworden, verzeih...wenn du möchtest, verschieb ichs...


    Liebe, herzliche Grüße

    Renate

  • Meine liebste Blaumeise,


    mir tuts sehr weh, das alles von Dir zu lesen, sehr weh, daß ich weine, meine liebe Blaumeise. Leider gabs auch bei Jürgen und mir als krasse, schlimme Situationen, aber die werd ich nicht erzählen, einmal, um Dich nicht noch mehr zu belasten und zum anderen muss ich es verdrängen, ich darf es nicht in mir hochkommen lassen, daran könnt ich zerbrechen. Aber gab solche schlimmen Momente bei uns beiden. Ich kann leider nicht mehr wie Dir die Hand reichen, Dich versuchen zu trösten. Komm lass Dich umarmen. Deine Ange :30: