Mein anderes Ich ist nicht mehr da

  • Liebe Alika,

    Ich kann dich verstehen bei mir ist noch alles frisch und ich will mir nicht vorstellen wie die nächste Zeit werden wird :(

    Bist du an Weihnachten ganz alleine oder hast du jemanden ?

    Fühl dich gedrückt :30:

    Liebe Melina,


    auch wenn es bei mir "schon" 10 Monate sind, die ich ohne meine Mama klar kommen muss, fühlt es sich für mich auch extrem frisch an... trotzdem kann ich verstehen, was du meinst. Einen Verlust zu ertragen unmittelbar vor dieser besinnlichen Zeit des Fests der Liebe... :13:


    Ich habe meine Scarly, meine Samtpfote. Mein Stiefvater möchte wegen Corona nicht kommen - er wohnt in Schleswig-Holstein, so ca. 400km von mir (ich bin in Hessen), und ihm ist das zu heikel. Einerseits kann ich das verstehen und bin auch irgendwo beruhigt, da ich trotz meines jungen Alters wegen meiner Autoimmunerkrankung zur Risikogruppe gehöre. Andererseits fürchte ich mich auch vor den Feiertagen.

    Aber egal. Ich habe mir einige Bücher besorgt und eine "Notfallliste" erstellt, sodass ich auch im dicksten Tränenchaos irgendwie diese Tage überleben werde. Im Zweifel wird meine Scarly geknuddelt. Das kann ich sie glücklicherweise stundenlang problemlos genießen ;)


    Wie sieht es bei dir aus? Hast du Familie? Wie werdet ihr die Feiertage verbringen? Oder werdet ihr ganz darauf verzichten? Ich ignoriere Weihnachten, so gut es geht. Es ist auch nirgendwo bei mir geschmückt. Das könnte ich nicht.


    Fühl du dich auch ganz fest gedrückt von mir!:24::*

  • Liebe Alika,

    meine Mutti verstarb 2013 und ich habe mich im ersten Trauerjahr dazu überreden lassen, alles schön zu schmucken, für

    meine Mutti. Aber es war sehr schlimm für mich, das kann ich mit Worten nicht beschreiben. Seither tat ich es nie wieder.

    Ich kann mit dem Weihnachtsschmuck von Anderen sehr gut um gehn, manches empfinde ich sogar als schön, aber nicht

    in meiner Wohnung. Ich denke mal, das wird auch so bleiben. Das würde sich bei mir nur ändern, wenn meine Mutti zurück

    käme, ja dann würde ich die ganze Wohnung schmücken mit all ihren Sternlein und Lichtern. Aber so ohne sie, geht es mir

    besser ohne Weihnachtsdeko. Ich weiß nicht, ob das jemand hier verstehen kann. Aber es ist, wie es ist, und jeder empfindet

    das vielleicht ein bisschen anders.

    Auch ich gehöre zu der Risikogruppe und bin deshalb auch alleine an Weihnachten. Aber auch diese Tage gehen rum, so wie

    alle anderen Tage auch. Dieses Jahr werden mehr Menschen wegen Corona alleine sein.

    Ich wünsche Dir Zuversicht und Kraft für diese Tage und Gottes reichen Segen

    Kornblume

  • Liebe Alika, 10 Monate ist noch keine Zeit... es ist immer noch "frisch" und es tut immer noch weh wie am 1. Tag... Zeit "heilt" nicht... aber sie verändert. Langsam. Ganz ganz langsam.

    Und an solchen Tagen wie W. da ist der Schmerz besonders groß und mächtig und tut so weh...


    Mein erstes Weihnachten ohne Mama hab ich nicht feiern wollen...auch hab ich NICHTS geschmückt - kein Zweig, keinen Stern... NICHTS... aber ich hab gesehen wie mein Papa leidet (meine Eltern wohnen bei mir im Haus...ich selber leb alleine, nein stimmt nicht: Mit Hund!).

    Da hab ich kurzerhand den ollen Weihnachtsbaum aus dem Kindi geholt, den wir für den Adventsmarkt besorgt hatten, und stellte den auf... irgendwie war DAS auch gut... tröstlich... trotz allem :/

    Irgendwie tragen solche gewachsenen Rituale schon auch auf eine Weise... "Tradition"...


    Dieses Jahr, das 2. ohne Mama..., habe ich MIT Papa bewusst eine kleines Bäumchen geholt... auch ein wenig "geschmückt" im Haus - zwar anders (bescheidener...) wie mit Mama aber auch "schön". Es gibt ein heimeliges Gefühl...und bei allem, was ich an die Tür gehangen hab oder ans Fenster...dachte ich an Mama und redete mit ihr...sie hat es immer so sehr geliebt wenn es schön war...


    Es wird dein / euer Herz sagen, wie es GUT ist und was man braucht... und wenn am 24. das Gefühl und der Wunsch nach "Tannengrün" kommt, dann folge deinem Herzen... Alles darf sein... alles was GUT TUT...


    Seid umarmt <3:24::24:<3

  • Ihr Lieben,


    morgen ist es also soweit... Ich versuche, es positiv zu sehen: dann haben wir es erst einmal geschafft. Für dieses Jahr.


    Danke, liebe Mirachen, für deine Worte. Es stimmt, manchmal denke ich auch, ein wenig mehr Weihnachtszauber um mich herum hätte eventuell trotz allem geholfen. Mir fehlt das bewusste Wahrnehmen dieser Zeit. Obwohl ich es definitiv nicht will in diesem Jahr. Und obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wie ich jemals dieses Fest so begehen kann, ihm so freudig entgegenfiebern kann, wie früher.

    Auf der anderen Seite: Himmel, was hatte ich immer so schöne Weihnachten. Meine Mama war ein Weihnachtsengel, definitiv. Besonders gerne erinnere ich mich an die Weihnachtsdeko in einem Haus, wo wir gewohnt hatten, wo ich im Grundschulalter war. Es war sehr großflächig und hatte ein offenes Treppenhaus mit einem leicht geschwungenem Geländer. Sie hatte dieses gesamte Treppengeländer mit royalblauem Stoff "bezogen" und dann Sterne in strahlendem Gold, Schneeflocken, falsche Tannenzweige, Kugeln, etc. geschmückt. Jeder, der uns besuchen kam, stand staunend davor. Und das war ja nicht einmal alles. Sie verstand es, diesen besonderen Zauber ins Haus zu bringen, ohne dabei zu viel zu machen, es zu kitschig zu machen. Natürlich war es in meiner Kindheit bunter als später. Kinder lieben nun mal bunte Lichter. Als ich dann älter wurde, hat sie das entsprechend angepasst. Aber es war immer schön.

    Es gab auch stets diese kleinen Rituale, die mir so fehlen. Ich liebe Schneekugeln, in jeder Form, ob Weihnachtsmotiv oder nicht. Und so bekam ich auch jedes Weihnachten mind. eine Schneekugel, wenn nicht sogar zwei, also eine zum Nikolaus und eine zu Weihnachten direkt. Außerdem hat sie jedes Jahr die Schokolade gewechselt: im einen Jahr gab es den Milka-Weihnachtsmann zum Nikolaus und den von Lindt zu Weihnachten, das andere Jahr war es anders herum. Bis ich meine Allergie auf Haselnüsse bekam, dann verschwand der Milka-Mann. Aber dann kam ja irgendwann der Lindt-Teddy, passend zu meiner Liebe zu Teddys (ja, immer noch, auch mit 29 Jahren ;) ).

    Wir bastelten auch zusammen in der Adventszeit, meistens auch schon im November, um rechtzeitig fertig zu sein. Meine Mama hat wunderschöne Engel gebastelt. Aus Pfeifenreinigern, die auf Holzstiele umwickelt sind, mit Holzkugeln als Köpfe. Die "Kleider" hat sie dann selbst gestaltet. Die "russisch Magda" wurde zu einem beliebten Insider in unserer Familie, denn ein Engel sah wirklich sehr russisch aus. Dieser Engel hatte ein tiefgrünes Kleid, goldversetzt, und weitere Elemente des Pfeifenreinigers in Weiß, der aussah, wie Pelzbesetze. Und natürlich eine entsprechende Mütze. Ein Jahr hatte sie sogar ein Himmels-Orchester gebastelt, mit lauter Engeln, die verschiedene Instrumente auf einer Wolke spielen. Wunderschön.

    Im letzten Jahr haben wir die gesamten Staffeln von Downton Abbey angeschauen. Mit Weihnachtstee und Plätzchen und gemütlichen Lichtern. Wir liebten diese Serie. Über die Grandma konnten wir stets köstlich lachen! wir freuten uns, als wir hörten, dass ein neuer Film käme, ein Extra sozusagen für die vielen Fans. Wir meinten noch: "Direkt am Verkaufstag wird die DVD besorgt!" Tja, diesen Tag hat meine Mama nicht mehr erlebt. Und ich habe die DVD auch nicht gekauft.


    Auch wenn mir meine Mama die schönsten Geschenke machte (weil sie mich kannte wie niemand sonst), sind es natürlich nicht die Geschenke, die mir fehlen und die Weihnachten ausmachen. Es ist diese gesamte Stimmung. Die Reflexion des sich zur Ende neigenden Jahres. Das Besinnen auf das, was wichtig ist. Die Hoffnung auf ein neues Jahr, was Besseres bringt. Im Rückblick denke ich daran, wie viele schwierige Jahre wir hatten. Mit Sorgen, mit Krankheit. Trotzdem waren so unendlich viele schöne und heitere Momente da. Mit meiner Mama konnte es nicht traurig sein. In ihrer Jugend wurde sie immer "Frau Sonnenschein" genannt, und Gott weiß, das war sie bis zum Schluss. Trotz Schmerzen, trotz Schicksalsschlägen. Immer Optimistin, immer an das Gute und vor allem an die Liebe geglaubt. Etwas, das ich nie geschafft habe.

    Wenn ich an das neue Jahr denke, frage ich mich vor allem, was es dieses Mal für mich bereit hält und hoffe inständig, dass es keine weiteren Verluste bringen wird... dass mir meine treue, geliebte Samtpfote erhalten bleibt. Dass es ruhiger wird. Keine neuen Katastrophen.


    Gleichzeitig bin ich erschüttert, wie schnell die Zeit vergeht. 2020 schon wieder fast rum. Vor zehn Monaten habe ich nicht geglaubt, dass ich bis heute überleben kann. Ich habe es. Keine Ahnung, wie. Aber ich habe es. Trotz allem. Obwohl mir meine Mama jeden einzelnen Augenblick fehlt und ich so gerne zu ihr möchte...


    Es grüßt euch eine sehr melancholische und traurig Alika :24:<3

  • Liebe Alika,

    Du glaubst gar nicht, wie gut ich Dich verstehen kann und wenn ich es könnte,

    würde ich Dir sehr gerne Worte des Trostes schreiben, aber die gibt es leider nicht.

    Ich weine heute noch, wenn mich etwas an meine geliebte Mutti erinnert, aber ich

    kann auch wieder lachen und singen, nur die Trauer, dieses Heimweh nach Mama,

    ist ein neuer Teil von mir geworden und immer wieder meldet er sich und dann

    fließen auch die Tränen und das wird auch so bleiben, bis wir uns wieder sehn.

    Ich wünsche Dir Gottes Segen für die kommende schwere Zeit

    Kornblume

  • Liebe liebe Alika<3:24:<3

    Danke dass du deine so schönen Erinnerungen mit uns teilst...

    Deine Mama war ein wunderbarere Weihnachtsengel :5:....ich konnte mir alles ganz bildlich vorstellen und war gerührt... Ja, so können das nur Mamas für ihre Kinder "SCHÖN" machen...

    Blau mit goldenen Sternen... Weißt du was? So sieht es in meinem Kindergarten in der Adventszeit immer aus... Ich habe immer eine große Krippenlandschaft aufgebaut, auf der wandern Maria und Josef und ihr Eselchen nach Bethlehem in den Stall... und jeden Tag erzähle ich den Kindern Geschichten dazu... besonders die Abenteuer des Eselchens werden heiß geliebt... und der Hintergrund des Ganzen ist mit einem blauen Tuch bespannt und goldene Sterne sind darauf angebracht.


    Ja, du hast überlebt...

    10 ganze Monate...

    10 Monate voller Schmerz, Tränen, Wehmut, Vermissen, Dankbarkeit, Erinnern...


    Meine Mama fehlt mir auch jede Sekunde und gerade habe ich ganz bewusst den Weihnachtsbaum aufgestellt - er steht nun da, noch ohne Schmuck... ich muss es in Etappen machen sonst zerreißt es mich...aber er steht da...

    Ich kann dich so gut verstehen! SO gut!

    Und auch wenn im Rückblick die Jahre mit unseren Mamas oft schwer waren - wie du schreibst durch Krankheit und Sorge - so waren doch aber so viele glückliche und fröhliche Momente dabei!

    Ich glaube - bei mir sind es ja nun 15 Monate ohne meine Mama - dass mit der Zeit all die GUTEN und schönen Erinnerungen mehr und mehr zum Tragen kommen und das Schwere ein wenig in den Hintergrund tritt und ich glaube, das ist gut so!

    Unsere Mamas waren so tolle Menschen!!!!!

    Sie hatten uns lieb wie kein anderer Mensch uns liebhaben kann - anders, ja, aber nicht so wie unsere Mütter! Sie kannten den hintersten Winkel unserer Seele... mussten uns nur anschauen und wussten wie es uns geht... DAS werden wir bis zu unserem letzten Atemzug vermissen!

    Der Schmerz der Trauer ändert sich, das kann ich sagen, aber der Schmerz wird zu Heimweh... zur Sehnsucht...

    Und es werden immer wieder Tage kommen, wo es uns das Herz zerreißt vor Sehnsucht und Traurigkeit... und auch das ist gut so... denn das ist die Liebe, die in uns zurück bleibt...

    Meine Mama hatte Heimweh nach ihrer Mutter bis zu ihrem letzten Moment - und dann, da bin ich so so so sicher, hat sie sie wiedergesehen! Und so wird es uns eines Tages auch gehen...

    Aber... Weihnachten... Weihnachten wird nie wieder SO sein wie damals....

    Doch Alika, wir machen ein neues "Weihnachten" - mit unseren Mamas im Herzen... ganz langsam und ganz behutsam darf es in uns wachsen...

    Fühl dich ganz fest in den Arm genommen - wenn du magst - und mach dir bitte nicht so viele Gedanken um das was kommt... Öffne dein Herz und deine Seele...

    Ich schicke dir ganz liebe Grüße...<3<3<3

    Mirachen

  • Liebe Mirachen,

    jedes Deiner Worte kann ich nur dick unterstreichen.

    Sie sind so schön, dass ich weinen muss.:33:

    Danke. Mehr geht grad nicht, bin zu gerührt.

    Danke

    Kornblume

  • Oh Miachen! Danke für deinen tollen Beitrag, ja du sprichst mir aus der Seele und das mit wir machen neue Weihnachten mit dem Herzen unserer Mütter...schön! Heuer ist es für mich zu schlimm, aber ich denke in den nächsten Jahren wird es besser, danke

  • Ich weine heute noch, wenn mich etwas an meine geliebte Mutti erinnert, aber ich

    kann auch wieder lachen und singen, nur die Trauer, dieses Heimweh nach Mama,

    ist ein neuer Teil von mir geworden und immer wieder meldet er sich und dann

    fließen auch die Tränen und das wird auch so bleiben, bis wir uns wieder sehn.

    Ja, so ist es.

    Ganz so weit wie Kornblume bin ich noch lange nicht, aber ich befinde mich auf dem Weg dahin, Schrittchen für Schrittchen, mit Rückschlägen, aber dennoch geht es vorwärts.

    Aber... Weihnachten... Weihnachten wird nie wieder SO sein wie damals....

    Doch Alika, wir machen ein neues "Weihnachten" - mit unseren Mamas im Herzen... ganz langsam und ganz behutsam darf es in uns wachsen...

    Liebe Alika, Mirachen hat es sehr schön auf den Punkt gebracht; mein "altes" Weihnachten wird es definitiv nicht mehr geben, doch ich taste mich an ein neues, ein anderes Weihnachten heran.

    Ich stelle wieder einen Weihnachtsbaum auf, aber ich habe mir im letzten Jahr komplett neuen Weihnachtsschmuck gekauft. Sonst hätte ich das nicht hingekriegt.

    Meine Mutter hat mir dabei geholfen, sie schenkte mir vergangenes Jahr diesen Impuls, es wieder zu feiern.


    Fühl dich gedrückt<3

    Kerstin

  • Ihr Lieben,


    vielen Dank für eure warmen, aufrichtigen und verständnisvollen Worte! Über die Weihnachtstage habe ich oft an euch gedacht, mich gefragt, wie es euch wohl ergeht und ob ihr einigermaßen gut klar kommt.

    Ich hoffe, dass dem so war?!


    Bei mir war es tatsächlich ok. Den Heiligabend selbst habe ich ausschließlich geweint. Ich habe "Ave Maria" in Endlosschleife gehört und bin irgendwann zu Disney-Filme übergegangen: zum "König der Löwen". Keine Ahnung, warum ich ausgerechnet zu diesen Filmen gegriffen habe. Vielleicht, weil sie mich in meiner Kindheit so stark geprägt haben und ich selbst noch als Erwachsene in den letzten Jahr oft mit meiner Mama in unsere Lieblings-Disneys geschaut haben.

    So oder so, war es eine gute Entscheidung gewesen. Einfach Weinen, einfach dem Schmerz Raum geben. Plötzlich kamen so viele Erinnerungen hoch, so wunderschöne Erinnerungen. Und dann hatte ich nicht mehr das Gefühl, alleine zu sein. Einmal war ich fest davon überzeugt, dass sie zu mir gesprochen hat - aber leider weiß ich nicht mehr, was sie gesagt hatte. Der Schock saß mir total in den Knochen. Aber ich hatte deutlich ihre Stimme vernommen, nur eben nicht genau, was sie gesagt hat.

    Verrückt, oder?

    Die übrigen Tage habe ich mit Büchern und Malen verbracht, meine treue Scarly verlässlich im Schlepptau. Nun geht dieses entsetzliche Jahr endlich zu Ende...


    Es gibt einen Brauch in meiner Familie: zwischen den Jahren darf nicht gewaschen werden, sonst stirbt jemand. Ich wusste nie, woher dieser Brauch kam und gestern hörte ich durch Zufall einen Beitrag, der diesen Brauch erklärte. Er hängt mit den Rauhnächten zusammen, die genau in dieser Zeit stattfinden und die "Tür" zwischen Diesseits und Jenseits öffnet. Doch es können nicht nur unsere verstorbenen Lieben zu uns, sondern es kommen auch die wilden Reiter. Wer zwischen den Jahren Wäsche aufgehängt hat, dem stehlen diese Reiter die Wäsche und bringen sie im neuen Jahr zurück. Dann allerdings als Leichentuch.


    Im Jahr 2019 habe ich diesen Brauch vollkommen verwechselt. Ich hatte gedacht, man dürfe auf keinen Fall mit schmutziger Wäsche ins neue jahr und darum unbedingt zwischen Weihnachten und Neujahr waschen. Völlig stolz kam ich am 31.12.2019 zu meiner Mama und sagte: "So, ich habe alles gewaschen, kein einziges schmutziges Wäschestück ist mehr übrig!" Meine Mama wurde ganz blass und klärte mich auf. Panik überkam mich. Dann sagte sie: "Ach, das sind alte Bräuche und Traditionen, deswegen stirbt doch keiner!"

    Man mag jetzt denken und glauben, was und woran man will. Aber dieses schreckliche Gefühl bleibt. Ich habe gewaschen. Zwei Monate später war meine Mama tot. Es ist etwas, das sich nur noch auf die Liste der Vorwürfe, die ich mir selbst mache, oben drauf kommt. Auch wenn ich mir sage: wie viele Menschen waschen zwischen den Jahren, ohne von diesem Glauben zu wissen und niemand in ihrem Umfeld stirbt?!, krümmt sich mein Herz zusammen.


    Kennt ihr diesen Brauch? Oder gibt es ähnliche Traditionen bei euch? Meine Mama war nicht konservativ, gar nicht, aber ihr lagen Traditionen am Herzen. Das hat sie mir weitergegeben. Vielleicht war dies mit ein Grund, warum ich schließlich Kulturwissenschaften studierte. Wer weiß.

    Heute habe ich eine Nähmaschine abgeholt, die ich über ebay erstanden habe. Es ist ein langer Wunsch von mir, nähen zu lernen. Und dieses Können liegt eigentlich tatsächlich in meiner Familie: Meine Ur-Großeltern hatten eine Textilfabrik, meine Mama ist quasi auf der Nähmaschine aufgewachsen und hatte deswegen eine Aversion gegen Nähen, obwohl ihr Bezug zu Textilien und Mode immer im Hintergrund geblieben war (nicht beruflich, aber eben in Form von privatem Interesse). Aber so kam es, dass ich nicht einmal richtig einen Knopf annähen kann. Und plötzlich wollte ich unbedingt diese nähmaschine, war so froh, dass jemand in meinem WOhnort eine günstig abzugeben hat. Und als ich heute Nachmittag diese Maschine ausprobierte, hatte ich plötzlich das Gefühl, meine gesamte Familie wäre um mich. Das war unglaublich schön. Ich habe meine Oma nie kennen gelernt, sie starb ja ein Jahr vor meiner Geburt. Laut meiner Mama bin ich ihr jedoch extrem ähnlich. Und durch die vielen Erzählungen meiner Mama, hatte ich immer ein sehr enges Gefühl zu ihr. Zu ihr, aber auch zu meiner Ur-Großmutter. Meine Gebete gingen immer zu meiner Familie mütterlichseits, von der ich felsenfest überzeugt war, dass sie ihre schützende Hand über mich hielt. Am 12.02. dieses Jahres schaute ich in den Himmel und sagte: "Oma, bitte: du hattest sie länger als ich. Bitte, bitte nimm sie mir nicht weg!" Doch meine Mama starb am 13.02., auf den Tag genau 30 Jahre nach meiner Oma. Und was tat ich, als ich nachhause kam? Genau: ich schaute zu dem Foto meiner Oma und sagte wutentbrannt: "Warum? Warum hast du das getan?!"

    Seitdem habe ich nie wieder mit meiner "Oma" gesprochen. Ihr Bild im Wohnzimmer habe ich auf die Seite gehängt, der ich mit dem Rücken zugewandt sitze. Tatsächlich habe ich seit diesem Tag nie mehr ihre Anwesenheit gespürt. Das wollte ich auch nicht. Ich war zu wütend.

    Und dann heute das. Dieses Gefühl, dass in meinem kleinen Büro (zuhause natürlich) nicht nur ich bin, die mit der Nähmaschine herumprobiert, sondern auch meine Mama und ihre Mama. Dass sie mir schmunzelnd zuschauen, wie ich die alte Familien-Kompetenz wieder aufleben lasse, dass sie sich darüber freuen. Dieses Gefühl war so stark, dass sogar mein Verstand sich zurückgezogen hat und sich weigerte, nicht daran zu glauben.

    Es sind die Frauen meiner Familie, an die ich oft denke, wenn ich am liebsten aufgeben möchte. Meine Ur-Oma, meine Oma, meine Mama. Alle drei hatten ihre Schicksalsschläge, alle drei waren so unfassbar starke Kämpfernaturen. Ich war immer stolz auf meine Familie. Und dieser Stolz lässt mich auch weiterkämpfen. Denn ich möchte nicht diejenige sein, die diese Konstante unserer Familie plötzlich unterbricht und schwächelt.


    So, da habe ich jetzt aber wirklich einfach von der Seele geschrieben! ^^ Danke für alle, die es sich tatsächlich durchgelesen haben ;)


    Ich wünsche euch allen von ganzem Herzen das Beste für 2021! Kommt gut rüber und denkt dran: wir haben alle unseren eigenen, ganz persönlichen Schutzengel <3:30:

  • Liebe Alika,


    ja ich denke das ist ganz normal das man plötzlich Dinge übernimmt.


    Ich habe angefangen Blumen zu pflanzen auf meiner Dachterrasse und werde das nächstes Jahr wieder tun.

    Mama hat das immer gemacht und ich hatte dafür nichts übrig, bedeute nur mehr Arbeit, jetzt weiß ich wie schön das ist wenn es blüht und ich fühle mich mit Mama verbunden.

    Mama sieht mir zu und lächelt und sagt bestimmt aha jetzt ist sie doch soweit.


    Du mußt Dir keine Vorwürfe machen mann darf auch mal wütend sein. 😠 Das wird Dir niemand übel nehmen Deine Lieben sowieso nicht, sie verstehen wie groß Dein Schmerz ist.


    Na das mit der Wäsche kenne ich jetzt auch nicht okay.

    Hmmm ja gut von wann bis wann gilt denn das genau gibt's da ein Datum?

    Würde mich interessieren.


    Vlg. Linchen :24:

  • Na das mit der Wäsche kenne ich jetzt auch nicht okay.

    Hmmm ja gut von wann bis wann gilt denn das genau gibt's da ein Datum?

    Würde mich interessieren.

    Liebe Linchen,


    das ist eine gute Frage! Ich glaube, im Beitrag wurde die Zeit zwischen Weihnachten bis zum 06. Januar genannt. Aber ich habe auch keine Ahnung, woher dieser Brauch/Aberglaube stammt. Ob er christliche Wurzeln hat oder andere.... Ich werde es mal recherchieren und bei Erfolg hier rückmelden! ;-)


    Danke auch für deine lieben Worte... stimmt, wir gestatten uns viel zu selten, auch mal wütend zu sein.

    Total schön, dass du nun die Blumen-Leidenschaft deiner Mama übernommen hast! Blumen sind was tolles. Sie zeigen die perfekte Schönheit der Natur und auch, wie aus Verlorenem etwas Schönes wachsen kann...

    In diesem Sinne :30:

  • Hallo! Ja den Brauch mit dem Nicht-Wäschewaschen hatte meine Mutter auch, ich weiß aber nur, dass es Unheil bringt wenn man zwischen Weihnachten und einschließlich Neujahrstag Wäsche wascht und aufhängt bzw. aufgehängt hat.