Alles verändert sich mit dem, der neben einem ist, oder neben einem fehlt

  • Liebe Anja!

    Ich verstehe nur zu gut, wie dieser Zustand ist und ich weiß nicht, was schlimmer ist, das Fühlen oder Nichtfühlen. Wenn plötzlich alle Emotionen weg sind, wie wenn da ein Schalter ungelegt wurde und man nur noch eine leere Hülle ist beginnt man stark an sich selbst und auch an dem Gewesen und Gemeinsamen zu zweifeln. Mir geht es zumindest so. Auch meine Therapeutin meint, dass es sich um eine Art Schock handelt, der sich irgendwann wieder lösen wird. Die Frage ist nur wann und wie.
    Das einzige, was mir noch bleibt ist das Wissen (Kopf) darum, wie es vor dem Unfall meines Mannes war und ich hege die Hoffnung, dass durch meine Therapie auch mein Herz langsam versteht, was da passiert ist, damit ich das Geschehene verarbeiten kann und wieder ins Fühlen komme und dadurch wieder Zugang zu meinem Mann finde, der durch das Nichtfühlen blockiert ist. Mich belastest dieser Zustand sehr.
    Ich denke, wir müssen einfach geduldiger mit uns selbst sein und unserem Herzen die Zeit erlauben, die es braucht um zu begreifen auch wenn es schwer fällt.


    LG Charly

  • Liebe Anja!


    Ich schicke Dir viele herzliche Umarmungen :24::24::24:.


    Ich habe es leider gerade erst in Deinem Wohnzimmer gelesen, was heute für ein Tag ist...


    Die Kerze Dir hier jeden Tag für Jan brennt leuchtet heute auch für Deinen Mann!


    Lg Susanne

  • Dieses Nichts fühlen ist ein Schutz. Ein Schutz vor dem unvermeidlichen.

    Man möchte sich nicht mit dem Verlust beschäftigen da man einfach zu schnell erkennt das man an dieser Situation nichts ändern kann. Man möchte es aber nicht wahrhaben das man für den geliebten Menschen und letztendlich für sich, nichts mehr machen kann.

    Wir Menschen versuchen immer alles zu kontrollieren, aber beim dem Tod müssen wir feststellen wie wir kläglich versagen. Ja und das ist das warum wir beim Tod eines geliebten Menschen nichts fühlen können. Bei dem einen dauert es länger, bei dem anderen kürzer. Aber eins kann man machen in dieser Zeit. Nachzu denken darüber was dein Lebensmensch von dir erwarten würde in dieser Situation. Habt ihr beizeiten mal darüber gesprochen?

    Versuche dir darüber klar zu werden. Wenn dann der Punkt kommt wo alle Dämme brechen, bist du ein gutes Stück weiter...

  • Aber für einen kurzen Moment, dachte ich jetzt kann ich ihn fühlen...Freud und Leid in einem, da ich mich gefreut habe ihn zu fühlen und gleichzeitig zu merken das es Vergangenheit ist

    Und diese kurzen Momente sind es die mich weitergehen lassen. Immer mit der leisen Hoffnung am Ende wartet mein Mann und hat die Antworten auf all meine Fragen

  • Mmmmmhhhh... Liebe Anja,


    Ich persönlich kenne es nur so, daß die Beziehung zur Familie meines Partners von Anfang an schwierig und recht gefühlsarm war und nach seinem Tod kam bei mir erst so richtig mein Ärger und die Verletzungen dadurch hervor...


    Ich weiß nicht, ob dir das weiter hilft...

  • Liebe RoundAn,


    ja dazu kann ich leider auch nicht viel sagen, bei mir schon viele viele Jahre her und nie einen schlechten Kontakt nur eben völlig abgebrochen.

    Weiß nur das diese Familie kaputt gegangen ist.

    Die Eltern haben alles verloren Haus usw. wg. Alkohol und auch die Schwester geriet in Alkohol und Drogen Probleme womit auch ihre Familie zerbrach.

    Meine Mama hatte alles versucht aber es hat nichts geholfen und ich war nicht in der Lage zu helfen.


    Für mich wollte ich das nicht deswegen ein neues Leben begonnen ich war aber gerade 20 wir waren 4 Jahre zusammen wollten heiraten, ein Haus kaufen, Kind, einen Hund alles war in Planung fast abgeschlossen als das unglaubliche geschah Autounfall.


    Ohne meine Eltern gerade meiner Mama hätte ich das niemals geschafft.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Anja,


    Ja ich habe im Moment Schwierigkeiten, dir nachzuempfinden, auf jeden Fall bist du in einem starken Zwiespalt, spüre ich... kann es sein, dass du deinem Mann "zuliebe" dir gesagt hast, dass du diese Person auch magst und du dir deine wahren Gefühle erst jetzt zugestehst...?!

  • Liebe RoundAn,


    es ist viele viele Jahre her 25 ist für mich nicht mehr ein großes Problem.

    Natürlich gab es die Momente immer aber die gibt es generell bei diesen vielen Verlusten die ich schon immer hatte.

    Mama ist viel viel schlimmer mein Seelenmensch mein alles....ich entschied mich fürs Leben und konnte auch unbeschwert weiter Leben bis zu diesem Tag 2020.


    Vieles kam wieder hoch. Natürlich. Kaum jemand außer meine Eltern eine Freundin aus der Zeit wußte etwas davon niemand in meinem heutigen Umfeld nicht einmal Familie wusste davon sind aber auch weiter weg.

    Wir zogen um und ich begann neue Arbeit neue Freunde ect.

    2 Jahre später neue Partnerschaft bis heute.


    Vlg. Linchen

  • Liebe Anja, ja deine Gefühle für diesen Freund deines Mannes kann ich sehr gut nachempfinden. Mir geht es mit Volkers "Lieblingsnichte" auch so. Stehe diesbezüglich auch etwas ratlos rum. Wenn es ihr nicht gut ging oder so, hieß es immer mein lieber Onkel und sowohl er als auch ich haben geholfen, hatte aber von mir aus oft das Gefühl, dass ihre "Zuneigung " nicht echt war, nur habe ich das verschwiegen um Volker nicht zu verletzen. Und jetzt kommt von ihr gar nichts mehr.

  • Liebe Anja!

    Ich habe auch zu vielen Menschen von „damals“ den Zugang verloren.

    Scheinbar war dann doch zu wenig Beziehung da, und als das Bindeglied, mein Mann, weg war, verlor ich den Draht zu ihnen.

    Dass dich das in gewisser Weise schmerzt ist klar, ein schlechtes Gewissen solltest du deshalb nicht entwickeln. Das bringt nichts. Man kann Gefühle ja nicht erzwingen.
    Mit unseren Liebsten verliert man viel, nicht nur sie. Das Leben wird auf den Kopf gestellt.

    Herzliche Grüße an dich!

    Hedi

  • Liebe Anja,

    ich glaube mir geht es genau wie dir. Mein Mann hat noch eine Schwester und einen Bruder. Vor Joachims Tod hatten wir ein gutes Verhältnis. Haben uns gegenseitig geholfen.


    Meine Schwägerin ( die Schwester meines Mannes ) lebt nach dem Tod beider Eltern alleine. Sie hat nur eine kleine Rente und erhält Unterstützung vom Amt.

    Mein Mann ist einmal pro Woche zu ihr gefahren. Hat sie bei Behördengängen unterstützt.

    Nach Joachims Tod haben wir noch eine Zeitlang miteinander telefoniert. Ich bin zu ihr gefahren und wir sind zB spazieren gegangen. Ich hab sie auch zu mir eingeladen. Einmal war sie da. Zweimal ist sie jedoch einfach nicht gekommen, ohne abzusagen. Hab sie dann angerufen und ihr erklärt das ich auf sie warte und mir auch Sorgen mache das ihr was passiert ist. Sie meinte nur " Du hast doch Zeit jetzt wo du alleine bist ". Das hat mich sehr verärgert.

    Am ersten Todestag von Joachim wollte sie auch kommen ---- und hat mich versetzt.

    Seither ist Funkstille.


    Der Bruder meines Mannes hat sich noch nie bei mir gemeldet.


    Ich fühle mich von ihnen vergessen. Doch ich kann nicht über meinen Schatten springen und bei ihnen anrufen. Irgendwie denke ich es müsse umgekehrt sein.

    Ist vielleicht falsch

    Manchmal denke ich Joachim ist enttäuscht von mir weil ich mich nicht um meine Schwägerin kümmere so wie er es gemacht hat.

    Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl das die Verbindung und somit die Zugehörigkeit zur Familie mit Joachims Tod von Schwager und Schwägerin beendet wurde.

  • Hallo Ihr Lieben,


    ich kann vieles nachvollziehen - verstehen. Für mich habe ich festgestellt, dass der Tod eines Menschen vieles neu sortiert und ich selbst eine neue Wertung von Menschen/Situationen vornehme. Angefangen, dass ich für mich sondiere, wer mich fragt, wie es mir geht. Es gibt flüchtigere Bekannte die einem begegnen und fragen, wie es einem geht, denke ich hier ist oft Hilflosigkeit im Umgang mit mir ein Problem. Oftmals antworte ich aus Höflichkeit neutral, damit ich keinem vor den Kopf stoße. Wie oft in anderen Wohnzimmern beschrieben, ist der Umgang mit dem Tod ja ein gesellschaftliches Problem und die damit einhergehende Hilflosigkeit. Bei Familie oder Freunden werte ich das anders, hier weiß ich ja wer zu uns steht und wer sich nicht pseudomäßig erkundigt, diese Kontakte fahre ich entweder ganz oder auf ein Miminum herunter, da mir Scheinheiligkeit nicht gut tut und mir Energie raubt, die ich einfach nicht habe. Ich merke auch das ich gut damit fahre, denn mal ehrlich, ist ein Kontakt der nicht aufrichtig ist, erhaltenswert? Wir haben hier alle das Schlimmste erfahren, da ist der ein oder andere unwichtige Verlust gut zu ertragen, auch wenn bei manchen die Enttäuschung groß ist ... mein Mann hat eine Tochter (23) aus einer vorangegangenen Beziehung, welche eigentlich nur zu Feierlichkeiten da war und auch eine unangenehme Art und Weise hat (empfanden wir beide so, aber es ist sein Kind, also arrangiert man sich). Nach Steves Tod kam sie und jammerte um die Zeit, die sie mit uns verpasst hat und das sie sich ab sofort ändern wolle, auch das habe ich ihr zugestanden, da ich der Meinung war, vielleicht reißt sie das Ruder noch rum. Wir haben unregelmäßig, aber höflichen Kontakt, aber auch sie war so die typische "wie gehts Dir"-Fragerin ohne eigentlich eine ehrliche Antwort zu wollen, eher um einen Aufhänger zu haben von persönlichen Problemchen zu sprechen. Da wir ein Haus haben, musste ich mit ihr die Auszahlung ihres Erbteils besprechen, wir haben uns geeinigt, den Notarvertrag aufgesetzt und ein Vierteljahr auf den Termin gewartet und zwei Wochen vorher erhälte ich über WhatsApp die Info, dass ich Post von ihrem Anwalt erhalte ... früher hätte mich das tagelang beschäftigt. Heute habe ich einen Anwalt beschäftigt und harre der Dinge die da kommen und danach war es das.. Meist sind es Menschen in unmittelbarer Nähe, die einem am Meisten enttäuschen können. Seine Mutti ist hingegen sehr bemüht, aber ich denke das wird sich alles relativieren, wenn die Kinder groß sind und ihre eigenen Wege gehen.


    Ich für meinen Teil, hinterfrage hier nicht, wie er es sehen würde, da er mir in der jetzigen Situation nicht mehr beistehen kann. Ich denke wichtig ist hier in allererster Instanz, was tut einem selbst gut, scheinheiliger Kontakt oder gar keiner. In unserer mental derart angespannten Lage, dürfen und sollten wir uns diesen Egoismus zugestehen. Liebe RoundAn , die schreibst Du fühlst Dich erschöpft, versuch die nicht mit derartigen Dingen zu belasten. Wichtig ist die Frage, möchtest Du diesen Kontakt für Dich unbedingt und wie fühlst Du Dich dabei oder möchtest du ihn auftrecht erhalten, weil Du dies mit Deinem Mann verbindest? Ich denke Dein Mann wäre es wichtiger, dass es Dir gut tut, als dass Du die Freundschaft zu seinen Freundenauf Biegen und Brechen aufrecht erhältst.


    Ich sende Euch ein paar gut tuende Sonnenstrahlen.


    Viele Grüße




    Crafar

  • Liebe Anja,


    auch mich haben einige Verwandte und gute Freunde sehr enttäuscht,.

    Diese Kontakte habe ich dann abgebrochen, was mir im Nachhinein auch gut getan hat.

    Ich war mir sicher, dass die Kontakte zu seiner Familie, bzw. seinen Brüdern mit der Zeit

    einschlafen würden, da sie in verschiedenen Teilen der Welt, Singapur, Kairo,

    Rom, London und Saudi Arabien wohnen

    Alle kamen zu Maximilians Beisetzung, 2 von ihnen haben Max begleitet bis er eingeschlafen

    war. Sie haben sich rührend um mich und unseren Sohn gekümmert,

    haben um ihren Bruder geweint und getrauert.

    Diese Schwiegerfamilie sind die einzigen, die sich ehrlich um mich bemühen, die anrufen,

    Mailen usw.

    Mein Umfeld hat Max vergessen, als hätte es ihn nie gegeben.

    Eine Bekannte kam letzte Woche, denn es ist ihr eingefallen, dass Maximilian angeblich noch eine

    Reitgerte von ihr hat. Wir haben 5 Gerten, ich habe gesagt, suche dir einfach eine aus und gehe.


    Liebe Grüße

    Maike