Mein Mann ist mit dem Flugzeug abgestürzt, seitdem ist alles anders.

  • Gerade habe ich in meinen E-Mails in einem Newsletter etwas gelesen, was mir sehr zu denken gegeben hat:


    Zitat

    Kraft gibt uns vieles im Leben, doch wenig gibt uns mehr Kraft, als dem Leben lebensbejahend gegenüber zu stehen. JA sagen, auch wenn uns das Erlebte nicht gefällt. Akzeptanz ist der erste Schritt zur Veränderung. In diesem JA sagen liegt der Schlüssel zur Veränderung, oft direkt schon im nächsten Moment. Daraus, aus diesem JA-sagen, erwächst eine Kraft in uns, die ich Lebensfluss nenne. Wenn wir lebensbejahend denken, handeln, fühlen - bewusst UND unterbewusst - dann kann das Leben durch uns strömen und uns mit Kraft versorgen.


    JA zu sagen zum Leben ...

    Das ist genau der springende Punkt, der mich von den meisten Menschen auf diesem Planeten unterscheidet und der auch meine Trauer so andersartig macht, wie die Trauer von vielen anderen Menschen, die grundsätzlich JA zum Leben sagen, sich womöglich diese Frage noch nie gestellt haben, weil Leben etwas derart Selbstverständliches ist.


    Meine Gedanken dazu - dass ich womöglich gar nicht in ein Trauerforum passe, weil es bei mir nicht nur um die Trauer um meinen Mann geht, sondern darum, dass es mir unmöglich ist, JA zum Leben zu sagen.

    Was es natürlich problematisch macht, nach dem Tod des Menschen, der es geschafft hat, für mich das Leben lebenswert zu machen, eine neue Perspektive in diesem, von mir so ungewollten Leben zu finden..

    Mit seinem unbändigen Lebenshunger, dessen größter Kummer zu Lebzeiten war, etwas zu verpassen, nicht alles erleben zu dürfen was ihm dieses für ihn so faszinierende Leben anbot, hat er mich praktisch an seiner Fülle teilhaben lassen.


    So sehr habe ich mich immer bemüht, dieses Leben sinnerfüllt zu leben, so oft bin ich damit gescheitert und zwar innerlich gescheitert, denn von außen betrachtet habe ich immer bestens funktioniert.

    Sogar so gut funkioniert, dass mich andere Menschen um Rat gefragt haben, mir ihre Sorgen anvertraut haben und mich dafür bewundert haben, welche Ruhe und Gelassenheit ich ausstrahlte.


    Auf der Suche nach dem Sinn dieses Lebens habe ich mir enormes Wissen angeeignet, aber eines habe ich nie geschafft:

    Dieses Wissen so anzuwenden, dass ich dieses Leben, in das ich vor mittlerweile fast 62 Jahren hineingeboren wurde, mit voller Inbrunst bejahen konnte.

    Im Gegenteil, im Laufe der vielen Jahre meiner Suche wurde meine Hoffnung auf Lösung dieses Rätsels immer geringer, bis sie nach dem Tod meines Mannes vor knapp zwei Jahren vollkommen erlosch.

    In diesen zwei Jahren, den schrecklichsten meines gesamten Lebens, habe ich versucht, den Sinn meines Lebens auf eine spirituelle Ebene zu heben, was mir teilweise auch gelungen ist - dank der Rückschau auf mein bisheriges Leben, das sich von hinten betrachtet auf so wundersame Weise entwickelt hat, dass reiner Zufall nahezu hundertprozentig ausgeschlossen werden kann.


    Ich bin mittlerweile ziemlich sicher, dass der Sinn jeglicher Existenz nicht auf irdischer, materieller Ebene zu finden ist.

    Ich bin, ebenso wie jedes andere Lebewesen, auf diesem Planeten eine Seele, die hier inkarniert ist, um Erfahrungen zu machen.

    Worum es eigentlich geht, werde ich vermutlich erst erfahren, wenn ich die Erde verlassen darf.

    Mein eigentliches Problem dabei ist der Umstand, dass ich es beim allerbesten Willen nicht schaffe JA zum Leben zu sagen.

    Vor Hannes Tod ist mir das schon schwergefallen und jetzt, nach Hannes Tod ist es damit ganz und gar vorbei.


    Vielleicht ist das ja auch kein Zufall, sondern ich habe geplant ein Leben zu leben, das ohne grundsätziche Lebensfreude stattfindet?

    Ich finde das gar nicht so absurd, wie es sich anhört, wenn ich bedenke, was für ein materiell gut ausgestattetes Leben ich mir gebastelt habe, gerade so, als ob es für mich wichtig wäre, mich ohne äußerliche Ablenkungen ganz allein mit meinen inneren Befindlichkeiten beschäftigen zu können.


    Hat das was mit Trauer zu tun?

    Teils, teils.

    Ohne Hannes Tod hätte ich viele neue Erkenntnisse nicht gewinnen können.

    Ich finde das wichtig, aber nicht schön.

    Ich werde es beenden, so wie der natürliche Verlauf es vorgibt.

    Aber ich wäre froh, wenn es nicht mehr allzulange dauern würde.

    Dazu stehe ich!

    JA sagen zum Leben - derzeit ein klares Nein.

    Akzeptanz? Tu ich mich noch schwer damit.


    Die Kraft weiterzuleben ist dennoch da, nur die Lebensfreude ist verschwunden. Ob sie jemals wiederkommt steht in den Sternen.

    Ich übernehme die Verantwortung für mein Leben, für dessen Authentizität, die beinhaltet, dass ich eben nicht JA zum Leben sagen kann, mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen.

  • Liebe Gabi,

    mit Deinen Überlegungen bist Du nicht alleine, und Du paßt sehr gut in dieses Forum. Von Deinen klugen und feinsinnigen Beiträgen fühle ich mich immer wieder angesprochen.

    Aber ich wäre froh, wenn es nicht mehr allzulange dauern würde.

    Dazu stehe ich!

    JA sagen zum Leben - derzeit ein klares Nein.

    Akzeptanz? Tu ich mich noch schwer damit.

    Auch diese Zeilen könnten wieder von mir sein. Bis zum Tod von meinem lieben Andreas konnte ich zwar sehr wohl JA sagen zum Leben. Aber jetzt nicht mehr. Ob sich das noch mal ändert? Keine Ahnung. Wird sich zeigen, oder auch nicht.

    Ich schicke Dir eine liebe :24:

    Lilifee

  • Ich übernehme die Verantwortung für mein Leben, für dessen Authentizität, die beinhaltet, dass ich eben nicht JA zum Leben sagen kann, mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen.

    Liebe Gabi,

    Ich lese deine Texte sehr gerne. Den sie regen immer wieder an, eine neue Perspektive einzunehmen.

    Ich bin bei deinem letzten Satz hängen geblieben. Du übernimmst Verantwortung für dein Leben. In diesem Satz steckt für mich ein, wenn auch kleines Ja drin. Verantwortung übernehmen, klar zu der eigenen Meinung zu stehen und auch mit den Konsequenzen zu leben, da steckt für mich ganz viel Stärke drin...


    Alles Liebe <3

    Isabel

  • liebe Gabi,


    für mich gehörst du in jedem fall in dieses forum.... du hast mich schon einige male zum nachdenken angeregt und gerade deine spirituelle sicht auf die dinge finde ich wunderbar.... auch deine tröstenden worte möchte ich nicht missen, liebe Gabi, genau wie ich gerne den trost an dich zurück gebe...


    im grunde möchte ich mich Isabel anschließen - indem du die verantwortung für dein leben übernimmst, sagst du in jedem fall JA zum leben... auch wenn es leise ist.... aber in jedem fall ein JA dazu, solange weiter zu leben wie es eben kommen soll....


    wenn du dir dieses leben so ausgesucht hast ....irgendwann vorher... dann hatte dies vielleicht den sinn, dass du eben lernst diese eigenverantwortung zu übernehmen, selbst wenn es keinen spaß macht....


    eigenverantwortung bedeutet auch, sich selbst lieben lernen.... ohne äussere einwirkung und ganz auf sich selbst geworfen, somit ohne ablenkung ganz auf sich selbst konzentriert...


    Worum es eigentlich geht, werde ich vermutlich erst erfahren, wenn ich die Erde verlassen darf.

    das ist leider so wahr......


    lieber gruß von Bine :24:

  • Liebe Gabi!

    Natürlich gehörst du in dieses Forum,sonst würde mir etwas fehlen,denn ich lese deine Texte gerne

    und sie sind die Wahrheit.Ich wollte auch leben,aber habe keinen Sinn mehr darin gesehen,weil

    die Freude an allem nicht mehr da war,aber die Bewohner im Heim haben mir soviel Stärke

    gegeben,sie waren schon immer wie eine zweite Famlilie,vielleicht verstehen viele das nicht,

    aber die Menschen sind so herzensgut und nehmen einen in den Arm,haben mir immer

    zugesprochen und Verständnis gezeigt,wenn ich auch mal weinen mußte.Aber das waren

    auch nur immer ein paar Tage und dann kam ich wieder in die leere Wohnung und war

    allein,täglich am Abend allein,das ganze Wochenende,allein allein.Nichts mehr unternehmen

    keine Lust mehr zu nichts ,da habe ich auch gedacht,nein das halte ich nicht lange aus.

    Und habe mir auch gewünscht schnell bei meinem Ralf zu sein.Mir geht es auch erst wieder

    besser,seit ich meinen Bekannten getroffen habe und der hat mich wieder aufgebaut und

    mir die Freude am Leben gegeben und Ralf würde sich sicher freuen,Natürlich habe ich auch

    manchmal ein schlechtes Gewissen,aber Ralf wird immer meine große Liebe bleiben und

    ich weiß das wir uns irgendwann wiedersehen und das beruhigt mich.Liebe Grüße Helga

  • Danke, liebe Helga!


    An Unterstützung mangelt es mir ja nicht, ich habe ja meinen Cousin mit dem ich jeden Tag reden kann, ohne mich anzumelden.

    Und auch Bekannte und ich helfe wo ich kann, wenn Hilfe benötigt wird.

    Aber das was mir fehlt ist die Liebe, einen Menschen, der mich liebt so wie ich bin und den auch ich lieben kann.

    Das war mein Mann und ich habe keine Ahnung, ob so etwas in irgendeiner Form, es muss, ja kann nicht so stark sein, wie bei meinem Mann und mir, aber irgendwie ... ob so etwas in meinem Leben noch mal möglich sein wird?


    Den Anspruch, dass ich mir diese Liebe doch selber geben soll, der von mancher Seite kommt, den kann ich nicht erfüllen.

    Es ist ja nicht so, dass ich mich nicht mag, und ich bin mir auf eine Art und Weise immer schon selbst genug gewesen, aber ich brauche jemanden um mich, für den ich da sein kann, für den ich leben darf.

    Ansonsten ist es ein reines Vegetieren bis ich endlich sterben darf.

    Momentan bin ich sowieso wieder nah am Wasser gebaut und ich brauche auch immer wieder Baldrian, weil mir das Herz so schmerzt.

    Vielleicht sind es die kommenden schwierigen Tage?

    Aber auch sonst sehe ich keinen Sinn mehr in meinem Leben und es fällt mir zunehmend schwerer, die Fassung zu waren und einfach weiterzumachen.

  • Liebe Gabi,


    ja, so wie Dir geht es glaube ich vielen von uns. Auch ich vermisse meinen Schatz noch genauso wie am ersten Tag, könnte mir aber keine neue Verbindung vorstellen. Als ich meinen Mann im November 1961 kennengelernt habe, war er beim Bund und kam im Dezember 1962 zurück nach Hause. Im September 1963 haben wir uns für 5 Monate getrennt. Schon damals konnte ihn niemand "ersetzen". Habe ich jemanden kennengelernt, habe ich ihn sofort mit ihm verglichen. Was soll ich sagen, sie sind alle mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Im März 1964 sind wir uns zufällig wieder begegnet, und es hat zum zweiten Mal gefunkt. Im Mai 1965 haben wir geheiratet und wurden im November 2018 getrennt, diesmal für immer. Und auch heute würde ich jeden Mann mit ihm vergleichen, und das hat niemand verdient. Ich würde auch für niemanden auch nur ein einziges Bild meines Schatzes entfernen. Es mag verrückt klingen, aber an meiner Schlafzimmertür habe ich von innen ein lebensgroßes Poster. Manchmal lächle ich, wenn ich es sehe, manchmal weine ich, weil er mir so sehr fehlt.


    Und Du hast Recht, es ist nicht das Alleinsein. Das bin ich von Kindesbeinen an gewohnt. Es ist die Tatsache, dass niemand da ist, den man mal im Vorbeigehen knuddeln und in den Arm nehmen kann. Ich habe zum Glück eine sehr liebe Freundin, die seit 20 Jahren verwitwet ist und auch keinen neuen Partner wollte. Sie freut sich, wenn ich hin und wieder für uns zwei koche oder ihr bei manchen Dingen helfe. Sie hilft mir allein durch ihre Gegenwart und die Tatsache, dass Sie mit mir gern über meinen Mann spricht, was mir sehr gut tut. Und sonst pflege ich einfach die Dinge weiter, die meinem Schatz soviel Freude bereitet haben und für ihn so wichtig waren. Er hilft mir dabei, weil ich das allein nie schaffen würde.


    Jetzt muss ich aufhören, die Tränen fließen schon wieder. Ich wünsche Dir von Herzen jemanden, den Du umsorgen kannst und uns beiden, dass wir einen Sinn in unserem restlichen Leben sehen und solange durchhalten, bis wir endlich wieder zu unseren Liebsten dürfen.


    Einen lieben Gruß

    Luse (und Ich)

  • Liebe Gabi!

    Ich kann es sehr gut verstehen.Auch ich war gestern nah am Wasser gebaut,egal ob im Bus oder

    im Supermarkt.Ja Ralf wäre heute 59 geworden und wir haben immer angestossen,das habe ich gerade

    auch gemacht und sind dann oft schön essen gegangen und jetzt bleibt mir nur der Weg zum Friedhof.

    Wir müssen diese Zeit alle irgendwie überstehen,aber wir sehen uns alle eines Tages wieder.

    Liebe Grüße Helga:30:

  • Liebe Gabi, das Leben bejahen... aber wie? Diese Lebensfreude, dieses gemeinsame Leben und Erleben... für immer vorbei, auch ich finde keinen Weg mehr zum Leben... Funktionieren gelingt, mein Umfeld ist sehr zufrieden weil alles wieder "normal" ist... aber ich, ich warte immer noch auf ihn und die Tage vergehen und ich kann oft gar nicht sagen wie, es ist mir einfach nichts mehr wichtig, es berührt mich nichts mehr wirklich. Manchmal erschrecke ich darüber, 18 Monate ohne ihn, es ist mir oft als ob kein Tag vergangen wäre. Ich habe Familie, war im Beruf zufrieden, einige gute Freunde, ich habe mehr als viele Menschen je haben, aber ohne ihn ist es mir nicht mehr möglich, eine echte, tiefe Freude zu empfinden. Warum, warum... ich weiss es nicht und innerlich warte ich weiter auf ihn... ach liebe Gabi, ich fühle so sehr mit dir, deine Worte berühren meine Seele so tief, ich kann dir nichts geben, aber sei gewiss, es gibt Menschen, die dich zutiefst verstehen, vielleicht hilft das über manche Stunde... Adi

  • Entschuldigt bitte, wenn ich hier im fremden Thread auch meine Meinung kundtue:


    Das Leben würde ich ja gern bejahen.....aber ich führe gar kein Leben mehr, ich existiere vor mich hin,


    (wache nachts schweissgebadet auf mit dem Wissen um den bis an mein Existenzende währenden Tod des einzigen lieben und frühlichen Menschen in meinem Leben und grübele dne ganzen Tag, was ich alles falsch gemacht habe besonders an dem Unglücksmoment durch schockstarre gepaart mit Unvermögen statt zügiger Einleitung der Rettungsmassnahmen)


    lebe nicht mehr und bin eben auch nicht tot, weil es der Gesundheitszustand nicht hergibt und auch die Fähigkeit zum letzten Entschluss fehlt und so verstehe ich manchmal selbst nicht, manch Anderer auch nicht, wie man so etwas überhaupt ertragen kann, es gibt eigentlich nur noch 2 Menschen in meinem direkten Umfeld (meine Therapeutin 1h in der Woche und einen Betreuer vom SPDI auch nicht viel öfter, denen gegenüber ich offen aussprechen kann und die auch versuchen, Hilfestellungen zu geben, aber natürlich kann und das ist für mich jeden neuen Tag Gewissheit nur das Zusammensein mit dem Partner selbst die Lösung sein und meine liebe Dorit sie hat Zeichen aus der geistigen Welt gegeben, aber was ist plötzlich angehendes Licht im Vergleich zu einer Mensch-zu-Mensch Kommunikation und eie wird eben erst wieder möglich sein, wenn wir beide uns jemals irgendwo im Jenseits hoffentlich wiederfinden werden.........


    ....diese jetzige meine Existenz auf der Erde will ich bejahen, aber wenn ich nachts um 3 schweissgebadet jeden Tag aufwache und die schrecklichen Bilder u.a. vom Blick in Dorits totes Gesicht vor Augen habe und weiss, dass der neue Tag wieder ein auswegloser sein wird, da möchte ich mal wissen, wer das bejahen wollte........und Therapeuten und Trauerbegleiter, Telefonseelsorger etc. hatte ich in dem 1 Jahr genug, aber diese schrecklichen Geschehnisse kann niemand rückgängig machen......


    Liebe Grüsse und trotzdem einen erträglichen Tag allen wünscht

    Matthias 4 Tage vor der einjährigen Wiederkehr des letzten, des Urnenganges seiner lieben und zurückersehnten Dorit

  • Liebe Gabi,


    Du bringst es auf den Punkt. Sinn .
    Mir gehts auch schlecht-er,dachte bei der Beerdigung vor 9 Wochen es sei für mich zu bewältigen. Aber da war ich ohne Eure Erfahrung gewesen.Auf der Suche sein nach Sinn. Dieses Stichwort von Gabi will ich aufnehmen.

    Ist es vielleicht wie mit anderen guten Tugenden, der Liebesfähigkeit oder der Hilfsbereitschaft etc. Man begegnet an allen Ecken hie und da dem " Sinn" in Person eines hilfsbedürftigen Menschen?! Die meisten Traurenden begegnen dem Naheliegendsten, nämlich den Enkeln, der alten Eltern . Wo diese nicht warten, vielleicht wäre eine Begegnung mit einem einzigen Menschen ein grosser Sinn . Das wäre christlich gelebte Nächstenliebe : einem hilfsbedürftigen, einsamen , glücklosen Menschen einfach helfen . Ich könnte mir vorstellen, das dies weitergegebende " Liebe ", zumindest weitergegebendes gutes Tun an einem nächsten Menschen wäre und dies macht einem vielelicht auch " satt" ? Fragezeichen.

    Gebe ich zu, dass ich in meiner Trauer ( noch) zusehr um mich kreisen muss. Aber ich wollte diesen Denkansatz reinbringen, bevor wir vegetieren. Es wäre eine win- win- Situation .

    Ich hatte gestern eine Attacke des Schmerzes aus einem konkreten Anlass . Bin noch benommen vom Heulen.
    Grüsse von Gundel

  • liebe Gabi,


    einfach eine liebe umarmung von mir :24:


    ein schwerer tag rollt auf dich zu, liebe Gabi, und ich wünsche dir einfach viel kraft, diesen tag zu überstehen :30:


    nein, die liebe die man sich selbst gibt, die erfüllt NIEMALS den anspruch dessen, was du mit deinem Hannes hattest oder was die anderen hier oder ich mit ihren geliebten menschen hatten... sich selbst zu lieben ist eine harte nuss, aber auch einfach der versuch einer möglichkeit mit den begebenheiten klar zu kommen.....


    ich vermisse Roger jeden tag so sehr, ich vermisse seine umarmungen, seine küsse, mit ihm reden zu können, das körperliche an sich....


    ich vermisse das alles, aber es bezieht sich auf Roger, dieses vermissen.... von ihm kann ich es nicht mehr haben - von einem anderen will ich es nicht haben. also werde ich das alles NIE mehr haben.


    das ist eine konsequenz zu der ich mich persönlich entschlossen habe....


    lieber gruß von Bine:24:

  • Ihr Lieben, danke für euren Zuspruch!


    Liebe weisse Rosen, bei dir ist es ja noch so frisch, dieses Kreisen um sich selbst ist ebenfalls eine Folge der Trauer, um die, glaube ich, niemand herum kommt.

    Jeder muss für sich selbst den Weg entdecken, den er zu gehen hat, denn dieser Weg ist einzigartig, da gibt es keine Vorgaben außer der, dass die Trauer an sich sehr universell ist.

    Ja, den Sinn in der Form, dass ich anderen Menschen helfe, den habe ich ja noch.

    Ich habe mal ein Resumee darüber gezogen, was ich in den vergangenen 2 Jahren so alles ausprobiert und veranstaltet habe und ich muss sagen, das Ergebnis lässt sich sehen.

    Eigentlich kann ich stolz auf mich sein, was ich alles so ganz allein geschafft habe.

    Ich habe auch einigen Mitmenschen geholfen und nicht zuletzt meinem Cousin, der ohne meine tatkräftige Unterstützung das Übersiedeln in ein anderes Land nicht so gut geschafft hätte. Für uns Beide ist es eine Win-Win Situation.


    Und trotzdem, das ist es nicht.

    Und auch damit bin ich nicht allein!

    Ich kenne mehrere Trauernde, persönlich und auch über Internet, die haben Kinder und Enkelkinder, die sich um sie kümmern und die auch mal von den Kindern und Enkeln gebraucht werden - und siehe da!

    Die sagen das Gleiche und oft auch sehr schamvoll, weil sie dazu sagen, sie hätten ja noch Familie, sie würden sich auch zusammennehmen, um ihre Enkel gut zu betreuen, würden sich auch auf gewisse Weise an ihren Lieben erfreuen, aber dennoch ...

    dieses grundsätzliche Lebensgefühl, das vorher da war ist wie weggeblasen.

    Und um deine Frage aufzugreifen, liebe Rosen, nein es macht nicht satt.

    Leider.

    Ich bin ja trotzdem der Ansicht, es muss eine Möglichkeit geben, wieder eine exstenzielle Zufriedenheit zu erlangen.

    Ich und viele andere haben sie leider noch nicht gefunden.

    Eigentlich sind die Einzigen, die sich hier in diesem Forum und auch anderswo dazu in positiver Form äußern, diejenigen, die wieder die Chance einer neuen Partnerschaft bekommen haben.

    Bei einigen anderen hat die Zeit eine Rolle gespielt und wenn, lese ich da von 5 Jahren aufwärts, die schreiben, sie hätten ihren Weg gefunden.


    Allesamt also eher trübe Aussichten.

    Ich jedenfalls lehne die Möglichkeit einer neuen Liebe nicht kategorisch ab, glaube aber dennoch, dass es in der Praxis nicht mehr möglich ist, ab einem gewissen Alter und wenn man kein extrovertierter Mensch ist, der sehr aus sich herausgeht.

    Das heißt, das Einzige was mir bleibt, ist weiterhin kleine Brötchen zu backen und einen Tag nach dem anderen weiterzuleben, ohne all zu viel an die Zukunft zu denken.

  • Liebe Gabi,Dann bin ich übers Ziel hinausgeschossen und hatte eine Hoffnung für mich gehegt, die Deine Erfahrung widerlegt hat . Du meinst, nichts kann diesen Verlust ersetzen. Es ist und bleibt ein Verlust demnach... Das Lebensgefühl von vorher ist wie weggeblasen, meinst du. Und so erschreckt es mich tagtäglich seit diesem unwiederkehrbaren Morgen als ich ihn verlor : Mein Lachen ist erlöscht. Mein Glück ist geplatzt.

    Vor meinem geistigen Auge , ich war noch Kind, sehe ich dieses erloschene Lachen meiner GRossmutter ( und anderer Frauen der 50ger Jahre): diese Frauen trugen sich als Witwe quasi. in schwarz von Kopf bis Fuss ein Leben lang. Gewiss, sie hatten damals auch noch andere Riten , die ich hier nicht anführen muss.Heute verstehe ich das. Heute weiss ich erst, WIE es in ihnen aussah!

    Siehst Du, gleichzeitig erkennen wir daran Geschichte. Man verliebt sich- manchmal bekommt man Kinder- man baut Haus- man pflanzt Baum- man zankz und verträgt sich- man feiert Feste und durchschreitet Täler- Kinder gehen aus dem Haus..... undsoweiter... und dann stirbt einer. Dann haust der grausame Verlust in der Seele des Überigbleibenden.

    Ob ich mich an das Grossmutter- Wort wenigstens halten kann ; dass " Zeit alle Wunden heilt" ?!

  • Jeder muss für sich selbst den Weg entdecken, den er zu gehen hat, denn dieser Weg ist einzigartig, da gibt es keine Vorgaben außer der, dass die Trauer an sich sehr universell ist.

    Eigentlich sind die Einzigen, die sich hier in diesem Forum und auch anderswo dazu in positiver Form äußern, diejenigen, die wieder die Chance einer neuen Partnerschaft bekommen haben.

    Es sind zwei Sätze,die für mich zutreffend sind,


    Karin

  • dieses grundsätzliche Lebensgefühl, das vorher da war ist wie weggeblasen.

    da stimme ich dir zu, liebe gabi. auch bei mir, trotz fürsorglicher kinder und einem lieben enkelkind ist das so.

    ich kann mich inzwischen ganz gut bei den kindern beherrschen, aber so richtige gefühle an freude .. kommen nicht

    wirklich zu mir durch.

    Eigentlich sind die Einzigen, die sich hier in diesem Forum und auch anderswo dazu in positiver Form äußern, diejenigen, die wieder die Chance einer neuen Partnerschaft bekommen haben

    das ist auch so ein punkt,der mir auffällt. was ist, wenn man aber keine neue partnerschaft mehr möchte?

    gehört man dann zu den 20%, die in der trauer stecken bleiben oder nur bis zum eigenen ende dahinvegetieren?

    ich frage mich oft, wie ich meinem leben eine neue ausrichtung geben könnte, aber mit 64 ist das auch nicht mehr so einfach.


    für mich war eben die familie und mein mann der sinn und inhalt, der mich ausgefüllt hat und mein leben schön gemacht hat. da hat kein blatt dazwischen gepasst.

    der beruf war auch wichtig, stand aber ganz klar an 2. stelle. da ich in diesem kreisverkehr keinen ausgang finde, werde ich eben auch so weitermachen und möglichst wenig an die zukunft denken.

    liebe grüße

    flora

  • Ob ich mich an das Grossmutter- Wort wenigstens halten kann ; dass " Zeit alle Wunden heilt" ?!

    Liebe weisse Rosen,

    aus meiner Sicht eher nicht. Irgendjemand hat mal sinngemäß gesagt, daß die Zeit nur lehrt mit dem Unbegreiflichen zu leben. Ob das gleichbedeutend mit "alle Wunden heilen" ist, muß wohl jeder für sich entscheiden. Für meinen Verlust gibt es keinen Ersatz. Wie auch.

    Dann haust der grausame Verlust in der Seele des Überigbleibenden.

    Das sagt ja alles aus, und daran wird sich auch nichts mehr ändern. Jedenfalls für mich nicht, denn eine neue Beziehung kommt für mich auch nicht mehr infrage. Ich wünsche Dir aber von Herzen, daß es für Dich wieder besser werden kann.

    Liebe Grüße

    Lilifee

  • Liebe weisse Rosen,


    es tut mir weh, wenn ich dir mit meinen Gefühlen eine Vorstellung davon raube, wie es mit uns nach der Trauer weitergeht.

    Ich würde so gerne sagen, dass irgendwann wieder alles in Ordnung kommt, dass man später mit heiterer Gelassenheit und viel Dankbarkeit an die alten Zeiten zurück denkt, man sich aber wiedergefunden und in ein neues, dennoch schönes Leben hineingefunden hat.

    Nur leider kann ich es nicht, es wäre gelogen.


    Im ersten Trauerjahr, ganz zu Anfang, hatte ich diesen Traum, die Trauer zu überwinden und wenn ich das geschafft hätte, so nach eineinhalb, zwei Jahren, dann anderen Menschen zu helfen, in dem ich ihnen sage, Kopf hoch, das Leben geht weiter, es wird wieder schön, niemals so wie zuvor, aber dennoch schön.


    Damals hat es mich erschreckt, von Menschen (vor allem Frauen in meinem Alter) zu lesen, die jahrelang in Trauer lebten, von einer Bekannten habe ich erfahren, dass sie fünf Jahre gebraucht hat, um ihr Leben wieder so neu zu gestalten, dass es für sie lebenswert ist.

    Viele dieser Frauen leben alleine, entweder weil sie es so wollen, oder weil sie niemanden mehr gefunden haben, der ihr Leben teilen möchte und sie leben mit ihrem Mann im Herzen ein zumeist zurückgezogenes Leben, das niemandem auffällt und behaupten eine Art Zufriedenheit für sich gefunden zu haben und mit der immer wieder mal aufflackernden Traurigkeit gut leben zu können.

    (Ich schreibe hier absichtlich von Frauen, denn das ist die Mehrzahl derer, die sich in Foren und Gruppen öffnen, bei Männern habe ich den Eindruck, dass es ihnen zwar genauso geht, dass sie aber viel schneller und häufiger wieder eine neue Partnerschaft anstreben, oder auch zufällig finden.)


    Für mich war das damals eine Horrorvorstellung und ist es zum Teil immer noch.

    Ich bemühe mich einfach, nicht zu sehr an die Zukunft zu denken, aber das fällt mir schwer.


    Und ich habe mich von dem Gedanken verabschiedet, es gäbe ein Leben "nach" der Trauer.

    Vielleicht wird es wieder erträglicher als es jetzt ist, aber die Zweifel wachsen, denn immerhin ist es nun schon zwei Jahre her und alle Veränderungen, die bei mir und in mir zugegebenermaßen stattgefunden haben, sind mehr oder weniger oberflächlich.


    Dazu kommt, dass einerseits in diesem Forum und in den Trauergruppen in Facebook, bei denen ich teilnehme, immer wieder mal eine der länger Trauernden postet, dass sie die Kurve gekriegt hat und das Leben nun positiv angeht, dass aber sehr oft, Wochen danach in irgendeiner Form das Positiv Geschriebene revidiert wird, weil die Trauer wieder aus irgendeinem Grund die Oberhand gewonnen hat.

    Sehr viele verlassen nach einiger Zeit solche Foren und Gruppen und möglicherwiese sind da Menschen dabei, die tatsächlich ihre Trauer überwunden und ein neues zufriedenes Leben begonnen haben, wir werden es leider nie erfahren, weil sich solche Menschen natürlicherweise nicht mehr melden.

    Es ist möglicherweise auch ein Unterschied, ob die betreffenden Trauernden noch jung oder schon jenseits der Sechzig sind, so wie ich.


    Ich kann da zwei Beispiele nennen, eines vom tw. eigenen Erleben, eines von den Erzählungen meiner Mutter.


    Die Erzählung meiner Mutter zuerst, diese hat mich immer sehr berührt und auch froh gestimmt:


    Sie hat von einer Bürokollegin erzählt, deren Mann in jungen Jahren gestorben ist und die damals am Boden zerstört war.

    Meine Mutter hat dann geheiratet und die Arbeit aufgegeben und nach vielen Jahren hat sie zufällig die nun schon ältere Bekannte wiedergetroffen. Sehr gut aussehend und sichtbar zufrieden und glücklich. Und die Frau hat ihr erzählt: "Stellen sie sich vor, als mein Mann starb, dachte ich mein Leben wäre zu Ende, denn er war mein Traummann und ich konnte mir niemand anderen vorstellen, mit dem ich meine Zukunft verbringen wollte. Aber einige Jahre später habe ich meinen jetzigen Mann kennengelernt und ich traue mich fast nicht das zu sagen, ich weiß jetzt, dass er der Richtige für mich ist. Wir leben unsere Liebe mit einer Innigkeit, die ich vorher nie für möglich gehalten hätte. Ich denke oft an meinen verstorbenen Mann, aber ich bin wieder glücklich."


    Eine andere junge Frau, die ihren Mann verloren hat, war die Schwägerin meiner Mutter, deren Bruder mit 29 Jahren bei einem Motorradunfall Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts ums Leben gekommen ist

    Diese Frau, die Mutter meines schon oft erwähnten Cousins, hat ihren Mann, mit dem sie gerade mal 3 Ehejahre zusammen war, sehr geliebt und stand von einem Tag auf den anderen mit einem Baby (meinem Cousin) und einem Kleinkind (seine Schwester) da. Ohne Versorgung, ohne Arbeit, ohne alles.

    Meine Mutter hat in dieser schweren Zeit sehr geholfen, dennoch war es ein Kampf ums Überleben im Nachkriegsösterreich, den meine Tante Hanna mit Bravour gemeistert hat.

    Von meinem Cousin weiß ich, dass sie ihren Mann nie vergessen hat, dass sie oft von ihm erzählt hat und dass sie nie mehr einen Mann gefunden hat, der ihr Leben mit ihr teilen wollte. Sie hat nie aufgegeben und alles geschafft, was sie sich vorgenommen hat, hatte einen guten Beruf, nachdem sie mit ihren größeren Kindern nach Deutschland (sie war gebürtige Deutsche) Ende der sechziger Jahre übersiedelt ist und ist im Alter viel und gern gereist, wobei sie sich das Reisegeld von selbst verfertigten Bastelarbeiten zusammengespart hat, die sie am Markt verkaufte.

    Diese Frau hat nie gejammert, war tapfer und großzügig und bei ihren Kollegen und Freunden überaus beliebt, aber die Wunde, die der frühe Tod ihres geliebten Mannes bei ihr hinterlassen hatte, hat sich niemals ganz geschlossen. Immer wieder waren da traurige Episoden in ihrem Leben, die äußerlich grundlos ganz aus der Tiefe ihres Herzens kamen.

    Tante Hanna ist bereits 2008 gestorben und was ich hier geschrieben habe, weiß ich hauptsächlich von meinem Cousin Uli, denn ich selbst habe als Kind nur die freundliche und liebevolle Art dieser Tante erlebt.


    Was ich damit sagen will, es mag Zufall sein oder auch nicht, ich kenne niemanden, der nach Verlust eines Lebenspartners ganz alleine wieder glücklich und zufrieden geworden ist, ich kenne nur Leute, die irgendwie ihr Leben meistern und das Beste aus dem machen, was ihnen geblieben ist.

    Und ich habe die Feststellung gemacht, dass Witwen ihr Leben gesellschaftlich sehr unsichtbar weiterführen, von Witwern kann ich das nicht sagen, denn ehrlich gesagt kenne ich da nur einen, aber diesem einen geht es auch nicht viel anders als den weiblichen Trauernden, die ich so kenne.


    Wie gesagt, ich hänge nicht mehr am Leben und würde mir diese ganzen Erfahrungen, die ich jetzt zwangsweise machen muss sehr gerne ersparen und ich bin auch gar nicht neugierig darauf, was mit mir in 10 Jahren sein wird, denn meine Sicht auf die Dinge ist da eher pessimistisch.

    Aber ich werde weiterforschen, wie das mit dem Leben und der Trauer so ist und werde euch meine Erkenntnisse weiterhin hier präsentieren, wobei ich natürlich anmerken muss, das ist MEINE Sicht der Dinge und andere Menschen sehen das vielleicht ganz anders.

    Und ich freue mich auch über kontroverse Beiträge in meinem Thread, wenn der Ersteller oder die Erstellerin auch bereit ist, ihre Ansicht bei mir auf den Prüfstand zu stellen.

  • Liebe Tigerlily,


    Und ich freue mich auch über kontroverse Beiträge in meinem Thread, wenn der Ersteller oder die Erstellerin auch bereit ist, ihre Ansicht bei mir auf den Prüfstand zu stellen.


    bist DU nun der TÜV für Trauer ????;);)


    Ging mir gerade bei diesem Satz durch den Kopf.


    Allerliebste Grüße und leichte Umarmung,

    Uwe.