Liebe Blaumeise,
bei aller Tragik deines Berichts musste ich doch schmunzeln, als ich es las und erinnerte mich an eine jahrelang vergessene Episode auf meiner Fensterbank als eine kleine Meise im Winter todesmutig und sehr aufgebracht ihr Schüsselchen voller Nüsse vor einer doppelt so großen Amsel verteidigte.
Die kleine Meise, die sich im tiefsten Winter voller Selbstbewusstsein in ihrem Territorium behauptete - das bist du, kleine Blaumeise!
Zwar sehr angeschlagen, aufs Schrecklichste zerrupft, sodass man deine schönen blauen Federn gar nicht mehr sehen kann, gerade soeben dem Tod nochmal von der Schaufel gehüpft, aber siehe da sie lebt noch unsere kleine Blaumeise und das ist so schön!!!
Du beklagst dich, dass du deine Lieben nicht spüren kannst, ich frage dich, spürst du denn dich selber überhaupt?
Ich habe gelesen, was dir widerfahren ist und ich muss sagen es wundert mich kein bisschen, dass du außer Schmerzen und unglaubliche Schwäche nichts mehr spürst. Es ist beinahe schon übermenschlich, dass du alles überstanden hast und auf deinen eigenen zwei Beinen wieder nach Hause zurückgekehrt bist.
Ich finde es so rührend, wie liebevoll dich dein Sohn willkommen geheißen hat!
Vergiss den Staub, den Dreck, er hatte andere Sorgen, aber er hat das Wesentlichste nicht vergessen, nämlich dich daheim zu begrüßen und mit einer schönen Torte zu verwöhnen.
Fast möchte ich sagen, alles in Ordnung!
Natürlich weiß ich gleichzeitig, dass überhaupt nichts in Ordnung ist, dass du dich jetzt vor allem ausruhen und erholen musst, bevor du den alltäglichen Kampf ums Leben und den zermürbenden Alltag wieder aufnehmen kannst.
Du bist so toll und wenn es irgendwie geht, bist du diejenige, die immer alle aufmuntert und motiviert.
Und deswegen möchte ich heute diesen Part einmal übernehmen:
Sei stolz auf das, was du im Leben geleistet hast und verliere bitte nicht den Glauben daran, dass alles immer irgendwie weitergeht.
Wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
Und jetzt ruhe dich aus, mach nur das Nötigste zum Überleben und gib ein Stück weit Verantwortung an deinen Sohn ab.
Wie er das alles hinkriegt ist seine Sache, aber ich habe es so im Gefühl er versucht ein Bestes und wenn du es zulässt könnt ihr euch gegenseitig eine Stütze sein. Zu Zweit geht alles besser und wie du mir vor langer, langer Zeit schon einmal irgendwo geschrieben hast: Nach einem Tief kommt irgendwann wieder ein Hoch.
Mit dieser kleinen Hoffnung im Herzen möchte ich dich ganz vorsichtig umarmen und dir die Geduld und die Kraft vermitteln, die du jetzt so dringend brauchst, alles Liebe Gabi