Hallo liebe, liebe Forumsfreunde,
heute habe ich etwas Kraft übrig, um hier zu schreiben.
Die letzten Tage waren sehr mühsam für mich.
Alles strengt mich über Gebühr an und ich schleppe mich durch die Tage.
Ich habe massive Schmerzen, die nicht nur krankheitsbedingt sind, sondern eben auch Resultate der Therapien.
Und daher stellt sich mir derzeit die Frage:
"was soll ich tun"? Wie solls weitergehen?
Lohnt sich ein neuer, anderer Chemozyklus?
Und vor allem, warum soll ich das machen? ...
nur um auf der couch sitzen zu dürfen, und anderen beim Leben zuzusehen???
Ist es sinnvoll, für Behandlungen zu leben?
Aber durch die Behandlungen lebe ich....
Lohnt es sich für die "schönen Tage" die "schwarze Tage"auszuhalten?
Für wen?
Für mich?? Für meine Familie??
Um alle (einschließlich mich), dahingehend zu beruhigen, man hätt dann nichts versäumt,
hätte alles versucht,
hätte sich später nichts vorzuwerfen?
Ja, und welchen Preis bin ICH wirklich bereit zu zahlen?
Welche Entscheidung ist die Richtige?
Ich gerate in Panik, wenn ich diese Fragen in mir zulassen.
Wenn ich in mich hineinhöre, höre ich keine Antwort... ich spüre nur Verzweiflung. ANGST.
Es ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, denn die Antwort prägt mein weiteres Leben und beeinflußt das Leben meiner Kinder!
Mir schwirrt soviel im Kopf herum.
Meine Antworten
auf diese Frage (und einige andere) wechseln.
Manchmal täglich!
Manchmal stündlich!
Manchmal sogar noch schneller.
Erst hü, dann hott.
Wer kennt die richtige Antwort.?
NIEMAND!
Ich nicht!!!
Meine Kinder nicht!
Meine Ärzte nicht!
Ihr nicht!
Niemand weiß, was die Zukunft bringt...
ob noch mehr Leid
oder Stillstand oder
ein Wunder (die soll es ja auch geben)
alles ist drin!!
Die Kristallkugel ist kaputt....
Scheibenkleister.
ICH selbst muss entscheiden!
Ganz allein ICH!
Mist!
Niemand kann mir MEINE Verantwortung FÜR MICH SELBST abnehmen.
Ich kann sie niemanden aufbürden. .
Dabei würde ich das so gerne....
alles an andere weitergeben...
Mich nicht stellen müssen...
Ein kleines Kind sein... gestillt werden, gepampert werden... an die Hand genommen werden... völlig ohne Eigenverantwortung
und später sagen können: "DU hast ABER gesagt...." und "Schuld" abschieben können.
Wäre doch eine feine Sache, oder nicht?
Aber Mist,
so läuft das nicht.
Bin kein hilfloses Kind mehr,
bin erwachsen.
Bin für mich verantwortlich.
Muss selbst eine Wahl treffen. Ich muss ja auch selbst mit den Konsequenzen meiner Entscheidungen leben.
Ich muss mich meinem Leben und den Herausforderungen stellen...
Scheiß Krankheit...
Scheiß Erwachsensein!
Es ist wie es ist.
Es ist Scheiß.
Ja, genau das ist es.
Ach ihr Lieben, es ist so schwer, den Mut nicht zu verlieren.
Im Augenblick reißt mich ein dunkler Strudel fort.
Fühle mich derzeit so ausgesperrt von der Welt und das hat nichts mit der Isolation durch Corona zu tun.
Ich fühle mich so unnütz. So wertlos.
Kann keine vorzeigbare Leistung erbringen
Liege und sitze nur so rum und halte aus.
Nicht einmal euch kann ich derzeit hilfreich und einfühlsam zur Seite stehen.
Jede Bewegung ist enorm anstrengend und schweißtreibend....fühlt sich an wie Hochleistungssport.
Viel geht zur Zeit nicht :
Wäsche aufhängen ist nicht möglich, Staubsaugen ebenso unmöglich,
Boden aufwischen ist wie Marathonlauf... Was beim Kochen (derzeit nur im Sitzen möglich und nur kurz) auf den Boden tropft, bleibt meistens kleben.
Sohnemann ist ein kleines "Ferkelchen" (liebevoll gemeint) und kein "Putzteufelchen". Er sieht es einfach nicht. Merkt es erst, wenn er kleben bleibt.
Gestern bat ich ihn, mal unser Wohnzimmer etwas auf Vordermann zu bringen. Hat er auch gemacht! 2 Schokoladenpapierchen (seine!) und einige Mandarinenschalen (ebenfalls seine!) hat er entsorgt und das wars!!!!!
Er meinte: "Was denn, ist doch alles ok".! Mein Empfinden : es sah immer noch so aus, als wäre vor Tagen im Wohnzimmer eine Bombe detoniert.
Na ja, ist halt alles eine Sache des Blickwinkels!!
Hab mich aber revanchiert...
Abends hat er ganz schön geschluckt denn Mama hatte nichts für ihn zum Essen hingestellt. Sie hat nur auf das Schnitzelchen im Kühlschrank hingewiesen und nebenbei erwähnt, dass er aber dazu das Pfännchen erst mal abwaschen müsse.
Hi, hi, Blaumeise kann auch hinterlistig sein . Oder war das Notwehr??
Nun ja, "Rache ist süß" sagt der Volksmund.... und in diesem Fall auch ich
Aber Spaß beiseite:
die Tatsache, dass im Augenblick körperlich und seelisch bei mir nicht mehr viel geht, zerrt an meinem Selbstwertgefühl... an meinem Selbstbild (die trotz Widrigkeiten ach so unverwüstliche blaumeise.... blaumeise das Steh-auf-Weibchen... ).
Es ist schwer zu lernen, dass ich nimmer kann, so wie ich will, dass derzeit nichts so läuft wie ich es mal geplant und erträumt hatte, dass mein Leebensentwurf durch
durch Tod meiner Lieben und durch meine Erkrankung geplatzt ist.
Es ist schwer zu realisieren, dass ich mir von der blöden Krankheit vorschreiben lassen muss, wie mein Tagesablauf verläuft...
Es ist schwer Abschied zu nehmen von Fähigkeiten, die ich früher als selbstverständlich gehalten habe, auf die ich keinen Gedanken verschwendet habe, und als etwas ansah, das MIR zusteht!
Aber das Leben schuldet einem nichts!!
Gar nichts!! Das ist nur eine Illusion.
Eine schwere, schwere Lektion!
Zumindest für mich.
Nur in kleinen Häppchen zu verdauen.
Anderseits - es gibt auch Gutes an der Situation.
Ich bin durch das Leid offener geworden für das, was wirklich im Leben zählt.
Ich fühle mehr mit anderen.
Sehe ein bisschen tiefer (hoffe ich)
Sehe und würdige die Kleinigkeiten auf die es im Leben ankommt.
Schätze das Leben als einmaliges, kostbares Geschenk.
Und das zusammen schenkt mir andererseits trotz allem wiederum sehr viel Lebensqualität.
Es ist einekostbare Lektion, die ich NIE wieder vergessen möchte....
Ich kann sehen, ich kann lesen, ich kann hören, ich kann schreiben, ich sehe die Sonne, spüre den Wind,spüre die Wärme meiner Katzen....
Momentan höre ich wie die Regentropfen an die Fensterscheibe klopfen. - ist doch irgendwie Glück, oder nicht?
Denn es zeigt mir:
I c h... l e b e!
Weh tut mir immer, wenn andere mit ihrer Gesundheit und den anderen Fähigkeiten und Gegebenheiten, die sie "geschenkt" bekommen haben, SORGLOS und OHNE WERTSCHÄTZUNG umgehen.
Ja und momentan - gerade in diesem Augenblick - beantworte ich die zu Anfang gestellte Frage nach einer neuen Behandlung mit JA.
Ja, denn ich merke, dass da - trotz allem - ein kleines Fünkchen Hoffnung glimmt.
So, jetzt sage ich Tschüss und ruhe mich wieder ein wenig aus. Doch vorher tue ich mir was Gutes... ich schäle mir einen Apfel und esse ihn behutsam auf. Das tut gut und das kann ich im Sitzen tun.
Bis bald ihr Lieben
und passt alle gut auf euch auf und kommt gut durch den restlichen Abend
blaumeise
Danke, dass ihr gelesen habt.
Diesen Beitrag habe ich in Etappen geschrieben, mit viel Pause dazwischen.
Hoffe er ist verständlich, denn ich habe nicht nachgelesen. Wollte nicht löschen müssen und einfach hier wieder mal geschrieben haben.